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Wirtschaft: Bayer-Aktie stürzt ab wegen Lipobay-Risiken

Kurs fällt in wenigen Tagen um ein Viertel / Vorstandschef Wenning verteidigt Krisenmanagement

Frankfurt (Main) (shf/kk/ant/HB). Werner Wenning ist dieser Tage sichtlich bemüht, Standhaftigkeit auszustrahlen. Auf einer InvestorenKonferenz der Deutschen Bank wehrte sich der Chef des Bayer-Konzerns am Mittwoch gegen die Vorwürfe von US-Anwälten gegen sein Unternehmen. Sie behaupten, Bayer habe früh von gefährlichen Nebenwirkungen des Blutfettsenkers Lipobay gewusst, die Öffentlichkeit aber nicht informiert. Wenning bekräftigte hingegen, Bayer habe im Fall Lipobay „verantwortungsvoll, unverzüglich und angemessen“ gehandelt. Den Kursverfall der Bayer-Aktie konnte er damit allerdings nicht stoppen. Die Aktie setzte die Verluste der Vortage fort und verlor mehr als fünf Prozent auf 11,68 Euro. Damit hat Bayer seit Freitag etwa ein Viertle seines Börsenwertes eingebüßt. Nach Angaben von Aktienhändlern setzten vor allem ausländische Anleger Bayer-Aktien auf ihre Verkaufsliste.

Außer der Angst vor hohen Schadensersatzzahlungen an ehemalige Lipobay-Patienten befürchten die Investoren vor allem, dass die Richter zu dem Schluss kommen, dass ein schuldhaftes Verhalten seitens des Bayer-Konzerns vorliegt. Zum einen würde dadurch die Position der Leverkusener gegenüber den verbleibenden zivilen Klägern erheblich geschwächt. Zum anderen würde es sie finanziell vor eine wesentlich größere Herausforderung stellen als Vergleichsverhandlungen und Einzelverfahren.

Nach den Regeln der US-Rechtsprechung kämen im Fall eines schuldhaften Verhaltens zu den regulären Schadensersatzansprüchen Strafzuschläge. Diese so genannten „punitive damages“ haben in früheren Fällen häufig ein Vielfaches des eigentlichen Schadensersatzes betragen. Dennoch gehen einige Branchenexperten davon aus, dass die Marktteilnehmer das Prozessrisiko überschätzen. Die rechtliche Position des Unternehmens sei insofern nicht schlecht, als Bayer das Mittel freiwillig von Markt genommen habe. Weniger das Medikament selbst sei das Problem gewesen, als vielmehr die Verschreibepraxis der US-Ärzte, die es trotz der Warnhinweise auf dem Beipackzettel für die in manchen Fällen tödliche Kombinationstherapie eingesetzt hätten. Die Schätzungen über den finanziellen Schaden für Bayer reichen von einer Milliarde bis zu zehn Milliarden Dollar.

Die Anwälte der Kläger demonstrieren unterdessen Zuversicht. Ihnen lägen Dokumente vor, die ein vorsätzliches Handeln des Konzerns belegten. Bayer habe seine Kenntnisse über schwere Nebenwirkungen des Medikaments bewusst nicht an die Öffentlichkeit weitergegeben, sagte Charles Zimmerman, einer der führenden Anwälte in der angestrebten Sammelklage, dem Handelsblatt. Ähnlich argumentieren die Lipobay-Kläger im ersten Schadensersatz-Prozess, der vor wenigen Tagen in Texas begonnen hat. Seit Bayer das in den USA unter dem Namen Baycol vermarktete Medikament 2001 wegen möglicher schwerer Nebenwirkungen vom Markt nahm, sind 7800 Klagen eingereicht worden.

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