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Wirtschaft: Bayer gewinnt Übernahmekampf um Schering

Merck ist aber weiter an Kooperation mit Bayer/Schering interessiert / Für Leverkusener könnte die Einigung ein Nachspiel haben

Berlin/Frankfurt am Main - Das lange Ringen zwischen Merck und Bayer um den Berliner Pharmakonzern Schering hat ein Ende: Merck hat Bayer am Mittwoch sämtliche Anteile an Schering zum Preis von 89 Euro je Aktie verkauft. Damit wurde für Bayer kurz vor Ablauf der Angebotsfrist der Weg für die Übernahme von Schering frei. „Ich bin zufrieden, dass es zu dieser Einigung gekommen ist und die Unsicherheit vorbei ist“, sagte Schering-Vorstandschef Hubertus Erlen dem Tagesspiegel. Sie liege „ganz klar im Interesse“ der Mitarbeiter und der vielen anderen Aktionäre. Das endgültige Ergebnis zur neuen Aktionärsstruktur werde erst in einigen Tagen vorliegen. „Aber die Chance, dass das Angebot mit der 75-Prozent-Grenze angenommen wird, ist sehr groß.“

Der Bayer-Konzern hatte das Erreichen einer Dreiviertelmehrheit an Schering zur Voraussetzung für die Übernahme gemacht. Bis gestern hatte Merck seine Aktienquote bei Schering auf 21,4 Prozent aufgestockt, Bayer dagegen war auf unter 60 Prozent zurückgefallen. Ohne Einigung mit Merck wäre die Übernahme mit großer Wahrscheinlichkeit gescheitert. Die Angebotsfrist lief gestern um 24 Uhr aus.

Nach intensiven Gesprächen zwischen Merck-Chef Michael Römer und seinem Bayer-Pendant Werner Wenning hatten die Darmstädter gestern eingelenkt und ihr Schering-Paket für 89 Euro je Aktie – insgesamt 3,7 Milliarden Euro – verkauft. Merck erzielt nach eigenen Angaben durch den Verkauf einen außerordentlichen Gewinn von knapp 400 Millionen Euro. Bayer hatte den Schering-Aktionären 86 Euro geboten und muss jetzt drei Euro drauflegen. Damit muss Bayer nun rund 17 Milliarden Euro für die Übernahme ausgeben, bis zu eine halbe Milliarde mehr als bislang geplant.

„Der Gewinner heißt Merck“, sagte Jürgen Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Merck habe sehr gut agiert und eigentlich nicht verlieren können. Bei Bayer müsse man dagegen genau überdenken, ob der Kauf nicht zu teuer gewesen sei, sagte Kurz. Das böse Erwachen – auch beim Aktienkurs von Bayer – könnte noch kommen, warnte er.

Für Merck ist die Geschichte noch lange nicht beendet. Das Unternehmen setzt auf eine Zusammenarbeit mit Bayer. Beide Unternehmen einigten sich darauf, „bereits laufende und weitere Kooperationen zu prüfen“, ohne das näher auszuführen. Nach Ansicht von Analysten könnte Merck an Teilen des Pharmageschäftes von Schering interessiert sein, auch eine Zusammenarbeit im Vertrieb sei denkbar. Schering-Betriebsratschef Norbert Deutschmann forderte, die Kooperationen dürften „nicht zu Lasten von Schering gehen“. Die Gefahr einer Zerschlagung, die Marktbeobachter und der Schering-Betriebsrat im Vorfeld geäußert hatten, ist aber offenbar vom Tisch.

Seinem Unternehmen sei es „nie um kurzfristige Spekulationsgewinne gegangen“, sagte Merck-Chef Römer. Insbesondere Gewerkschaftsvertreter hatten Merck vorgeworfen, es agiere „wie ein Hedge-Fonds“. Mit dem Kauf der Schering-Aktien habe Merck das Ziel verfolgt, sein langfristiges strategisches Interesse an Schering zu wahren, sagte der Konzernchef. „Dass aber ein Unternehmen, wenn sich eine Option zur Sicherung seiner Position ergibt, diese bis zum Schluss verfolgt, ist aus unserer Sicht nicht nur eine nachvollziehbare Vorgehensweise, sondern geradezu eine Verpflichtung“, sagte Römer.

Bayer-Chef Wenning zeigte sich dennoch erleichtert. „Wir sind sehr froh über diese Entscheidung von Merck, denn ein langfristiger Bieterwettbewerb hätte die Zukunft von Schering stark beeinflusst.“ Er sei optimistisch, nun die angestrebte Dreiviertelmehrheit bei Schering zu bekommen.

Die Einigung und vor allem mögliche weitere Kooperationen könnten für Bayer aber ein Nachspiel haben. Dies könnte, sagen Analysten, als geldwerter Vorteil gewertet werden, der normalen Schering-Aktionären, die die Bayer-Offerte annehmen, nicht zuteil wird.

Andererseits sei Merck auch aus einem anderen Grund an einer schnellen Konfliktbereinigung gelegen gewesen: Das Unternehmen gilt als erster Kandidat für die Aufnahme in den Dax, wenn Schering wegen der Übernahme durch Bayer aus dem Kreis der 30 wichtigsten deutschen börsennotierten Konzerne ausscheidet. Hätte der Merck-Konzern länger gewartet, wären möglicherweise die Postbank oder Puma vorbeigezogen. pet/ro/dr

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