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Reinhard Göhner.

© picture-alliance/ dpa

BDA-Hauptgeschäftsführer: "Willkürlich und nicht nachvollziehbar"

Reinhard Göhner, Chef der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, spricht im Interview mit dem Tagesspiegel über Lokführer und Tarifeinheit.

Herr Göhner, der Streik der Lokführer kommt wie gerufen, denn Sie wollen mithilfe des Gesetzgebers einzelnen Berufsgewerkschaften das Leben schwer machen.

Nein, das spielt aktuell keine Rolle. Dieser Streik ist in keiner Weise gerechtfertigt und angesichts des Angebots der Bahn geradezu willkürlich und überhaupt nicht nachvollziehbar. Zumal bei der Bahn schon die Ankündigung eines Streiks schädlich ist, denn viele Kunden versuchen auf alternative Verkehrsmittel auszuweichen.

Die Situation erinnert an die Auseinandersetzung vor drei Jahren: Die GDL erkämpfte erstmals einen eigenen Tarifvertrag. Damals kam das Thema Tarifeinheit (Ein Betrieb, ein Tarifvertrag) in die Debatte. Mithilfe der Politik wollen die Arbeitgeber nun gemeinsam mit dem DGB die Tarifeinheit gegen die Tarifpluralität (Mehrere Gewerkschaften im Unternehmen, mehrere Tarife) durchsetzen.

Der angedrohte Streik bei der Bahn hat mit der Tarifeinheit nichts zu tun. Denn bei der Bahn gibt es, wie auch bei der Lufthansa, eine vereinbarte Tarifpluralität zwischen den Unternehmen und den in den Unternehmen vertretenen Gewerkschaften. Diese Gewerkschaften schließen für unterschiedliche Beschäftigtengruppen, also zum Beispiel Zugbegleiter und Lokführer, unterschiedliche Tarife ab. Und für einen solchen Tarif will die GDL offenbar bei der Bahn streiken.

Nicht nur beim Bahnkonzern, sondern auch bei den sechs großen, privaten Wettbewerbern der Bahn.

Das kann ich mir nicht vorstellen. Es gibt dort inzwischen einen Tarifvertrag, und so wäre es nicht akzeptabel, wenn eine Gewerkschaft versucht, da nun noch etwas drauf zu satteln. Wofür sollen die streiken, wenn die bereits in dem vorhandenen Tarif vereinbarten Einkommenserhöhungen durchaus kräftig sind?

Über „kräftig“ und „schwach“ gibt es weit auseinander liegende Meinungen.

Deshalb gibt es ja auch Tarifverhandlungen, um diese Meinungen anzunähern. Ich bin im Übrigen ein Anhänger des Flächentarifs - so wie es ihn auch inzwischen bei den privaten Bahnen gibt. Dem sollte sich die GDL anschließen.

Vor acht Monaten haben Sie gemeinsam mit dem DGB die Gesetzesinitiative für die Tarifeinheit vorgelegt. Wird das noch was?

Die Dringlichkeit einer gesetzlichen Regelung hat zugenommen, den jeden Monaten gründen sich neue Gewerkschaften. Die Bundeskanzlerin hat also Recht mit ihrer Einschätzung, dass man mit einem Gesetz nicht warten kann, bis die Tariflandschaft völlig zersplittert ist.

Frau Merkel hat bereits mehrmals eine Gesetzesvorlage angekündigt. Sie scheint das Thema nun aussitzen zu wollen.

Das glaube ich nicht. Die Bundeskanzlerin hat sich zuletzt öffentlich im November auf dem Arbeitgebertag grundsätzlich für eine gesetzliche Regelung ausgesprochen. Ich hoffe auf einen baldigen Konsens. Wir sind mit allen Beteiligten im Gespräch, auch mit dem Bundeswirtschaftsminister. Ich bin zuversichtlich, dass wir einen Konsens erreichen, nicht nur innerhalb der Regierung und der Koalition, sondern auch parteiübergreifend zumindest mit der größten Oppositionsfraktion.

Reinhard Göhner, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber (BDA) kämpft seit Jahren für das Prinzip der Tarifeinheit. Mit ihm sprach Alfons Frese.

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