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Wirtschaft: Beamte sollen länger arbeiten

Bundestag will Altersteilzeit für Staatsbedienstete begrenzen – Abgeordnete befürchten Kostenexplosion

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst müssen damit rechnen, demnächst länger zu arbeiten. Das ergibt sich aus einer Initiative des Bundestages, nach der die Möglichkeiten der gesetzlich geregelten Altersteilzeit für die Beschäftigten des Bundes in Zukunft restriktiver gehandhabt werden sollen. „Wir wollen die Altersteilzeit klar begrenzen“, fasst die SPD-Politikerin Bettina Hagedorn einen einstimmigen Beschluss des Rechnungsprüfungsausschusses zusammen, der am morgigen Donnerstag zum ersten Mal im Haushaltsausschuss zur Sprache kommen soll.

Der Grund: Die Abgeordneten fürchten eine milliardenschwere Kostenlawine, die unweigerlich auf den Bundeshaushalt zurollt, wenn die gegenwärtige Praxis beibehalten wird. Schätzungen gehen davon aus, dass schon jetzt durch die Frührenten- und Teilzeitmodelle im öffentlichen Dienst bundesweit für die kommenden Jahrzehnte ein Finanzrisiko von mehr als 20 Milliarden Euro angehäuft wurde.

Ziel der Parlamentarier ist es nun, zu verhindern, dass auch in Zukunft Tausende Beamte und Angestellte des Bundes mit 55 Jahren bei ihrem Arbeitgeber das Altersteilzeitmodell in der so genannten Blockform beantragen können. Wenn sie den Zuschlag erhalten – und das geschieht in den allermeisten Fällen – arbeiten sie faktisch nur noch fünf Jahre und bleiben dann bis zum Erreichen der Renten- oder Pensionsgrenze zuhause – und das mit ansehnlichen Einkommen, die bei 83 Prozent des letzten Nettoeinkommens liegen. Besonders begehrt ist das Modell bei den Besserverdienern im mittleren und gehobenen Dienst.

Seit der Bund seinen Beamten und Angestellten den Weg der Frühverrentung Ende der 90er Jahre durch das Anheben der Rentenabschläge versalzen hat, nutzen die älteren Bundesbediensteten die Altersteilzeit in explosiv wachsender Zahl. Rund 55000 Bedienstete in Altersteilzeit listet eine aktuelle Studie des Bundesinnenministeriums allein für die vergangenen drei Jahre auf. In den letzten zwölf Monaten beantragten davon rund 20000 Beamte und Angestellte das lukrative Modell, etwa 35 Prozent mehr als im Jahr zuvor – und erhielten dafür auch die Genehmigung.

Für die Dienstherren – beim Bund sind das in erster Linie die Ministerien und die Bundeswehr – ist das Altersteilzeitmodell eine willkommene Chance, sich dem Druck des Finanzministers zu entziehen. Der verlangt von ihnen, die Personalkosten pro Jahr um 1,5 Prozent zu senken. Weil die Ministerien während der gesamten (meist zehnjährigen) Laufzeit den Teilzeitler nur 50 Prozent ihrer Nettobezüge plus einen variablen steuerfreien Zuschlag bezahlen müssen, sparen sie in ihren Haushaltsplänen satte Beträge ein.

Diese Einsparungen allerdings kommen die Steuerzahler nicht nur heute, sondern auch später teuer zu stehen. Denn zum einen bedeuten steuerfreie Zuschläge sofort Steuerausfälle. Und zum anderen müssen die Dienstherren nicht selten neues Personal einstellen, wenn sich die Teilzeitler mit 60 Jahren in den Ruhestand verabschieden, neue Kosten kommen auf den Haushalt zu. Das Innenministerium veranschlagt, dass jede wiederbesetzte Teilzeitstelle mit bis zu 61 Prozent der normalen Personalkosten zu Buche schlägt.

Dass die Rechnungsprüfer und Haushälter im Bundestag der Altersteilzeit jetzt einen Riegel vorschieben wollen, erklärt sich vor allem aus der aktuellen Altersstatistik im öffentlichen Dienst. Rund 150000 Angestellte und Beamte bei Bund, Ländern und Gemeinden kommen in den kommenden zehn Jahren in das Alter, in dem sie die Teilzeitmodelle in Anspruch nehmen können. Nimmt nur die Hälfte von ihnen die Gelegenheit wahr, wären alle bisherigen Sparbemühungen der Steuerkassen umsonst. Nicht nur demografisch, auch finanziell tickt eine Zeitbombe im öffentlichen Dienst.

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