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Wirtschaft: Bechstein klimpert wieder in Dur

BERLIN (chi).Für die Aktionäre des traditionsreichen Berliner Klavier- und Flügelbauers C.

BERLIN (chi).Für die Aktionäre des traditionsreichen Berliner Klavier- und Flügelbauers C.Bechstein Pianofortefabrik AG hat sich das Durchhalten offenbar gelohnt.Pünktlich zur Hauptversammlung am Freitag zeigte sich nicht nur der Aktienkurs, der nach dem Börsengang im vergangenen November dramatisch abgesackt war und lange Zeit weit unter dem Emissionpreis von 2000 DM dahindümpelte, in deutlich besserer Verfassung: Am Donnerstag war der Wert im Berliner Freiverkehr mit 2050 DM taxiert worden, 1860 DM wurden geboten.Am Freitag überraschte Vorstandschef Karl Schulze schließlich mit erstaunlich guten Ergebniszahlen.Nach den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres lag der Umsatz mit 18,5 Mill.DM um 20 Prozent, das Ergebnis vor Steuern mit 1,2 Mill.DM sogar um 200 Prozent über dem entsprechenden Vorjahresniveau.1998, so Schulze, werde das Unternehmen voraussichtlich einen Gewinn vor Steuern von zwei Mill.DM erzielen - gegenüber 1,4 Mill.DM 1997.Erstmals werde es eine Dividende ausschütten.

Schulze nannte auch die Gründe für seine Zuversicht.Das Unternehmen, das Anfang der 90er Jahre nur knapp am Konkurs vorbeigeschrammt war, trete heute - nach der Umstrukturierung, der Verlagerung wesentlicher Produktionsteile nach Sachsen und den Kooperationsverträgen mit Herstellern in Polen und Tschechien - mit einem breiten Angebot auf und sei deshalb weniger von Marktschwankungen abhängig.Statt 700 bis 800 Instrumenten wie noch 1986 verkaufe die Bechstein-Gruppe heute jährlich etwa 4000."Wir können am Standort Deutschland durchaus der Fernost-Konkurrenz Paroli bieten", sagte der Firmenchef.Im Prinzip wäre schon in diesem Jahr eine Dividende möglich gewesen, doch habe man sich entschieden, vorerst die Substanz zu stärken.Die anwesenden Aktionäre - überwiegend Bechstein-Liebhaber aus Berlin, Hamburg und Süddeutschland, aber auch 127 der insgesamt 172 Mitarbeiter - quittierten dies mit Applaus.

Dennoch soll nun einiges für die Kurspflege getan werden.Schulze räumte ein, daß ihn die starken Schwankungen der ersten Monate beunruhigt hätten - er und sein Sohn Frank halten immerhin 63 Prozent der Anteile.Die umständliche Form der vinkulierten Namensaktie, mit der sich das Unternehmen auch vor unerwünschten Aufkäufen schützen wollte, habe auch potentielle Investoren abgeschreckt, so der Firmenchef.Die mit einem Nominalwert von 500 DM relativ "schwere" Namensaktie wird nun Anfang September auf jeweils 100 nennwertlose Stückaktien umgestellt - was den Handel beleben dürfte.Darüberhinaus wurde die Aufnahme in den variablen Handel des Berliner Freiverkehrs beantragt.Und Schulze schloß nicht aus, daß Bechstein auch an anderen Börsenplätzen notiert werden könnte, konkrete Pläne gebe es aber nicht.Auf die besorgte Frage einer Aktionärin, ob mit der Umstellung nicht auch Aufkäufer ein leichtes Spiel hätten, konterte Schulze: "Heute kaufen eher wir zu, als daß wir gekauft werden".Vorerst soll vor allem die Kooperation mit Handelspartnern gestärkt werden.Details nannte Schulze noch nicht.Nur ein Plan ist offenbar schon sehr konkret: Demnächst soll, neben dem Haus und den Werkstätten am Moritzplatz, eine Dependance mit Schauräumen an einer "guten Adresse im Westteil der Stadt" eröffnet werden.

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