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Wirtschaft: Beginnendes Wahlkampfgetöse

Berlin (asi). Angesichts der jetzt bekannt gewordenen Vorschläge der Hartz-Kommission streiten Bundesregierung und Opposition über anstehende Arbeitsmarktreformen und das Ausmaß von Sozialeinschnitten.

Berlin (asi). Angesichts der jetzt bekannt gewordenen Vorschläge der Hartz-Kommission streiten Bundesregierung und Opposition über anstehende Arbeitsmarktreformen und das Ausmaß von Sozialeinschnitten. Das Bundesarbeitsministerium warnte am Sonntag vor „hastigen Urteilen über die Arbeit der Kommission". Ein Sprecher von Arbeitsminister Walter Riester (SPD) sagte dem Tagesspiegel: „Nichts ist entschieden und nichts beschlossen." Erst nach der Vorstellung des Konzepts der Hartz-Kommission am 16. August könnte es politisch bewertet und über eine Umsetzung beraten werden. Regierungssprecher Bela Anda sagte dem Handelsblatt, die Vorschläge brächten die „notwendige Bewegung“, um „den Arbeitsmarkt zu reformieren und den sozialen Zusammenhalt zu sichern".

Die 15 Mitglieder der Hartz-Kommission, die seit dem Arbeitsamtsskandal im Frühjahr über den Umbau der Bundesanstalt für Arbeit und Reformen am Arbeitsmarkt beraten, hatten sich am vergangenen Freitag zu einer Sitzung in Berlin getroffen. Dabei waren umfangreiche Positionspapiere aus insgesamt fünf Arbeitsgruppen vorgelegt worden, die der Kommissionsvorsitzende Peter Hartz in einem eigenen Konzept zusammenfasste.

Erste bekannt gewordene Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die Kommission unter dem Personalvorstand der Volkswagen AG, Peter Hartz, die Vermittlung von Arbeitslosen in Zukunft über Agenturen organisieren will, die in großem Umfang Unternehmen auch Zeitarbeiter zur Verfügung stellen. Das Arbeitsministerium wollte am Sonntag zu Einzelheiten, die das Magazin „Der Spiegel“ veröffentlicht hatte, keine Stellung nehmen. Sein Haus stimme jedoch insofern mit den Vorstellungen von Hartz überein, dass „der Reform-Schwerpunkt auf die bessere Vermittlung von Arbeit Suchenden gelegt werden soll“, sagte der Riester-Sprecher.

Peter Hartz selber betonte in einem Interview mit der „Saarbrücker Zeitung“, mit ihm werde es nicht zu einem „sozialpolitischen Supergau“ kommen. „Nicht das Kürzen von Leistungen steht im Mittelpunkt unserer Überlegungen, sondern die Kernfrage, wie lösen wir in drei Jahren das Arbeitslosenproblem“, sagte er.

Arbeitsmarktexperten der SPD-Bundestagsfraktion übten indes am Wochenende bereits heftige Kritik an den Reformideen der Hartz-Kommission. „Darüber muss noch einmal intensiv nachgedacht werden“, sagte die SPD-Arbeitsexpertin Renate Rennebach in einem Interview. Ihr SPD-Kollege Peter Dreßen sagte sogar, die Pläne würden so in der Fraktion keine Mehrheit finden.

Eine intensive Auseinandersetzung über die Arbeitsmarktreform und den Umbau der Bundesanstalt für Arbeit (BA) im Bundestag wird voraussichtlich diese Woche beginnen. Von einem Treffen der kommissionsbegleitenden Bundestagskommission, der Abgeordnete aller Parteien angehören, erwarten Insider Positionen aus dem Koalitions- und Oppositionslager, die die weitere Kommissionsarbeit beeinflussen könnten.

Zwar hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) im Frühjahr angekündigt, seine Regierung erwarte von den Experten aus Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften und Wissenschaft unvoreingenommene und unabhängige Reformvorschläge. Angesichts der schwachen Umfragewerte der Sozialdemokraten gut neunzig Tage vor der Bundestagswahl gehen Beobachter jedoch davon aus, dass Hartz im August ein mit dem Kanzleramt abgestimmtes Konzept, das den Interessen vor allem der Gewerkschaften nicht widerspricht, vorlegen wird.

Dass die Ergebnisse der Hartz-Reformen auf jeden Fall zum bestimmenden Wahlkampfthema im Sommer werden, kündigte der Schatten-Wirtschafts- und Arbeitsminister der Union, Lothar Späth (CDU), an. Dem Tagesspiegel sagte Späth, die Kommission habe „interessante“ Vorschläge gemacht, die zeigen, dass der Arbeitsmarkt in Deutschland dynamisiert werden müsse. Späth, der im so genannten Kompetenzteam des Unions-Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber (CSU) für die Bereiche Wirtschaft, Arbeit und Aufbau Ost zuständig ist, sagte, er sei „sehr gespannt, ob die SPD den Mut hat, mit diesen Vorschlägen in den Wahlkampf zu ziehen". Ohne Details bewerten zu wollen bezeichnete er die Reformansätze als richtig. Der SPD warf er vor, sich erst jetzt, zum Ende der Amtsperiode, mit Veränderungen am Arbeitsmarkt beschäftigt zu haben. „Wenn die SPD das früher getan hätte, dann wären jetzt schon die ersten Vorschläge umgesetzt".

Ob sich Späth, der in den vergangenen Wochen wiederholt spürbare Veränderungen am Arbeitsmarkt und mehr Flexibilität gefordert hatte, allerdings mit dieser Position in der Union durchsetzen wird, ist noch unklar. Erst am vergangenen Dienstag hatte Kanzlerkandidat Stoiber den Delegierten des CDU-Parteitages gesagt, die Union plane nach der Wahl „keine Grausamkeiten“.

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