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Wirtschaft: Bei den Lehrstellen wird es knapp

DGB erwartet eine Lücke von mindestens 200 000 Angeboten / "Warteschleifen" keine Lösung BERLIN (chi).Bei den Lehrstellen zeichnen sich für den Herbst immer deutlicher Probleme ab.

DGB erwartet eine Lücke von mindestens 200 000 Angeboten / "Warteschleifen" keine Lösung BERLIN (chi).Bei den Lehrstellen zeichnen sich für den Herbst immer deutlicher Probleme ab.Trotz der jüngsten Zusagen der Industrie werden im September mindestens 200 000 Stellen fehlen, jeder vierte Bewerber werde damit ohne Ausbildungsplatz bleiben, so die Einschätzung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB)."Wir brauchen noch einen gewaltigen Schub bei den Angeboten", sagte DGB-Vorstandsmitglied Regina Görner am Mittwoch in Berlin.Sie bezweifelte aber zugleich, daß sich die Lücke schließen läßt.Auch unter "günstigen" Voraussetzungen - und das bedeute, daß wieder 140 000 Jugendliche "mit der Warteschleife vorlieb nehmen" und etwa ein weiteres Jahr die Schulbank drücken - fehlten noch immer 60 000 Stellen."Wir müßten gigantische zehn Prozent mehr Ausbildungsplätze als 1997 bekommen, damit die Bilanz selbst nach den Kategorien der Bundesregierung als ausgeglichen bezeichnet werden kann", rechnete Görner vor.Deutscher Industrie- und Handelstag (DIHT) und Handwerk haben dagegen kürzlich angedeutet, ein Plus von zwei Prozent sei möglich. Görner verwies auf die am Dienstag von der Bundesanstalt für Arbeit vorgelegte "Halbjahresbilanz": Demnach standen den um 3,2 Prozent gestiegenen 624 000 Anmeldungen Ende März knapp 423 000 Stellenangebote der Betriebe gegenüber, im Vergleich zum Vorjahr ein Minus von 3,1 Prozent.Besonders dramatisch sei die Lage in den neuen Bundesländern: Dort kämen mittlerweile auf jedes Angebot drei Bewerber.1994 waren es nur halb soviele."Es gibt überhaupt keinen Grund von einer Trendwende zu sprechen", sagte Görner.Die Unternehmen forderte sie auf, die Schuld nicht den Jugendlichen und ihren Defiziten zuzuschieben, sondern "endlich einzugestehen, daß sie nicht mehr in der Lage sind, das Problem aus eigener Kraft zu lösen".Auch die leicht gestiegene Zahl der Ausbildungsverträge hätte nicht annähernd ausgereicht, den Bewerberzuwachs in den letzten Jahren aufzufangen.Vielmehr zeige ein Blick auf die Statistik, daß die Lücke effektiv noch größer war, weil es weniger abgeschlossene Verträge gab als Angebote. Der Bundesregierung warf die Gewerkschaftssprecherin vor, "der Öffentlichkeit Sand in die Augen zu streuen".140 000 Jugendliche in die Warteschleife zu schicken, sei keine Lösung, sondern "eine gigantische Verschwendung von Ressourcen".Zugleich krisitierte sie die zunehmende "Verstaatlichung der beruflichen Bildung": Im Osten sei bereits jeder vierte Ausbildungsplatz außerbetrieblich. Görner forderte erneut eine "andere Politik".Da eine Ausbildungsumlage für nicht ausbildende Betriebe kurzfristig nicht mehr umzusetzen sei, müßte die Gemeinschaftsinitiative Ost fortgesetzt, die Warteschleifenpraxis qualitativ verbessert und das Berufsgrundbildungsjahr bundesweit anerkannt werden.Görner plädierte außerdem dafür, Praktika für Jugendliche ohne Hauptschulabschluß mit Bundesmitteln zu unterstützen und eine Quote für Mädchen einzuführen. Das Bonner Kanzleramt wies die Kritik zurück.Der DGB solle seine "alljährliche Verunsicherungskampagne" endlich einstellen.Trotz "ähnlicher Horrorszenarien" des DGB sei die Zahl der Ausbildungsverträge bis Ende Dezember 1997 im Vergleich zum Vorjahr um 19 400 gestiegen.Ähnlich äußerten sich auch die Arbeitgeberverbände.Unterdessen kündigte Wirtschaftssenator Elmar Pieroth an, daß ausbildende Betriebe bei öffentlichen Ausschreibungen in Berlin künftig bevorzugt werden sollen.

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