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Wirtschaft: Bei der Deutschen Bank werden die Karten neu gemischt

BERLIN .Auf den ersten Blick weist der Vorgang keine Besonderheiten auf.

BERLIN .Auf den ersten Blick weist der Vorgang keine Besonderheiten auf.Es gehört zu den Normalitäten eines langen Managerlebens.Ein langgedienter Vorstand hört auf - früher als eigentlich nötig.In diesem Fall gibt es dann zwei Möglichkeiten.Der Rückzug ist freiwilliger oder aber unfreiwilliger Natur.Es darf spekuliert werden.

Der Fall von Deutsch-Banker Jürgen Krumnow (54) aber ist etwas Besonderes.In vielerlei Hinsicht.Vor allem zeigt er: auch im deutschen Bankgewerbe bleibt nichts wie es war.Wie das Management von Siemens oder Daimler beugt sich auch die Führung der Deutschen Bank internationalen Gepflogenheiten.Das heißt: keine falschen Rücksichtnahmen.Vorzeige-Konzerne sind keine Ersatzfamilien.Die globale Welt des Wettbewerbs setzt ihre eigenen Spielregeln: Wer nicht mitspielt, muß gehen.

Was immer sich hinter den Kulissen in Wahrheit zugetragen hat: es ist schon ungewöhnlich, daß ein Vorstand der Deutschen Bank die Bühne verläßt, ohne das intern bislang übliche Alter von 60 Jahren erreicht zu haben.Nicht einmal ein Aufsichtsratsmandat bekommt der angesehene Jürgen Krumnow.Allein als Mitglied des Beraterkreises bleibt er der Bank erhalten.Das kommt unerwartet; noch im März war die Vertragsverlängerung für den Steuerexperten und Chef-Kontrolleur Thema.Überdies gehörte es bisher zum Stil des Hauses, altbewährte Weggefährten nicht so ohne weiteres ziehen zu lassen, geschweige denn in die Wüste zu schicken.

Krumnow aber, im Vorstand für Controlling, Steuern, Kreditrisikomanagement und Revision zuständig, wird jetzt zwar mit lobenden Worten über seine Verdienste, aber ohne jedes Wort des Bedauerns verabschiedet."Herr Dr.Krumnow hat seine Verantwortungsbereiche (...) sehr erfolgreich geführt und insbesondere das Corporate Center maßgeblich entwickelt und umgesetzt." Das war es.Nach 30 Jahren Arbeit für die Deutsche Bank.Allein zehn davon arbeitete Krumnow als Vorstandsmitglied.Schon als Lehrling war er für das Haus tätig.Ja, bereits als Nachfolger für den Ex-Vorstandsvorsitzenden und heutigen Aufsichtsratschef Hilmar Kopper war Krumnow im Gespräch.Und auch für die Nachfolge des amtierenden Vorstandssprechers Rolf-E.Breuer, der dieses Jahr seinen 62.Geburtstag feiert, hatte man den gelernten Betriebswirt gehandelt.Neben zwei weiteren Anwärtern: dem Schweizer Josef Ackermann von der ehemaligen Schweizer Kreditanstalt und dem Berliner Thomas Fischer, der Anfang des Jahres den Vorstandssessel der Landesgirokasse Stuttgart gegen einen Vorstandsposten beim Branchenprimus eintauschte.Aber auch Fischer kommt eigentlich von der Deutschen Bank, wo er bereits für Krumnow arbeitete.Jetzt trat er wieder an, um Krumnow kräftig zu entlasten.Ein Wink mit dem Zaunpfahl.

Die Verträge Krumnows waren bis zum März 2000 festgeschrieben.Jetzt wird er nicht mal die Jahrtausendwende in Amt und Würden bei der Deutschen Bank erleben.Die Vertragsverlängerung, die in diesen Wochen anstand, wird es nicht geben.Der Aufsichtsrat zieht angeblich nicht mit.Ganz offiziell soll Krumnow allerdings aus eigenen Stücken von Bord gehen, um sich "industriellen und mandatsbezogenen Aufgaben" zu widmen.Das "Manager Magazin" will den wahren Grund wissen und wird deutlicher: Aufsichtsräte und Vorstandskollegen hielten Krumnow, der zeitweilig auch das Finanzressorts und das Risk-Management leitete, schlichtweg für überfordert.Vom "Chaos im Controlling" ist die Rede."Zu langsam, zu abstrakt, zu intransparent." Eine "funktonierende konzernweite Kundenerfolgsrechnung" fehle.Und noch eines wird gemunkelt: Die Abberufung von Krumnow sollen erst die Manager von Bankers Trust auf die Tagesordnung gesetzt haben.Seitdem das Zahlenwerk der Fusionsgiganten von den Chef-Kontrolleuren analysiert wird, hagelt es scheinbar Kritik.Wer aber zur Weltklasse gehören will, kann sich das unter gar keinen Umständen leisten.

Der Nachbesserungsbedarf ist beträchtlich.Das Verhältnis von Aufwand und Ertrag wird nicht besser, sondern schlechter.Börsianer lesen es schon am Aktienkurs ab: Gemessen am Börsenwert galt die Deutsche Bank Anfang der Neunziger Jahre in Europa noch als Nummer eins.Heute erreicht sie nicht einmal die Top ten.Eine Folge der Globalisierung, erklärte Vorstandssprecher Breuer Anfang April gegenüber der "Wirtschaftswoche".Stimmt.

Aber nur zum Teil.Einen Streit zwischen Traditionalisten und Globalisten wollen Beobachter in den Führungsgremien der Deutschen Bank ausgemacht haben.Standen sich Breuer und Krumnow tatsächlich unversöhnlich gegenüber? Blockierte Krumnow gar den geplanten Erwerb von Bankers Trust? Aber warum? Weil Unternehmensberater einen massiven Personalschnitt empfehlen und etwa drei Viertel der Mitarbeiter im Corporate Center für entbehrlich halten? War der übliche Konsens unerreichbar? Oder gab es tatsächlich substantielle Kritik an der Arbeit von Krumnow? Wäre er aber dann Verwaltungsratsvorsitzender des Deutschen Bilanzierungsrats? Viele Fragen bleiben offen.

MARTINA OHM

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