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Wirtschaft: Beifall und Pfiffe für Müntefering SPD-Chef tritt beim NGG-Kongress auf

Berlin - Seinen ersten Auftritt hatte Franz Müntefering ausgerechnet auf einem Gewerkschaftstag. Und dort erwarteten den alten und neuen SPD-Vorsitzenden nicht nur Beifall sondern auch Pfiffe.

Berlin - Seinen ersten Auftritt hatte Franz Müntefering ausgerechnet auf einem Gewerkschaftstag. Und dort erwarteten den alten und neuen SPD-Vorsitzenden nicht nur Beifall sondern auch Pfiffe. Auf dem Kongress der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in Berlin verteidigte Müntefering dann auch am Montag die von ihm eingeführte Rente mit 67 Jahren, die von den Gewerkschaften stets abgelehnt worden ist. Zum Auftakt des viertägigen Gewerkschaftstages plädierte der ehemalige Arbeitsminister allerdings für differenzierte Regelungen bei der Rente, um auch individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden. Müntefering wird auch als einer der Hauptverantwortlichen für die umstrittene Agenda 2010 der rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder (SPD) gesehen. Der am vergangenen Wochenende gewählte SPD-Chef hatte sich gegen die von seinem Vorgänger Kurt Beck durchgesetzten Änderungen an der Agenda ausgesprochen.

Doch das Eis war schnell gebrochen, denn Müntefering und der NGG-Vorsitzende Franz-Josef Möllenberg waren sich vor allem bei der Frage nach Mindestlöhnen einig: Wie sein Vorredner, Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD), der selbst NGG-Mitglied ist, plädierte Müntefering vor allem in der Leih- und Zeitarbeitsbranche für ein Mindestentgelt. „Mindestlöhne sind auch ordnungspolitisch vernünftig“, sagte der SPD-Chef. Bei zu niedrigen Gehältern, müssten die staatlichen Sozialkassen die betroffenen Arbeitnehmer später bezuschussen. Der Marktradikalismus habe ausgedient, sagte Müntefering: „Es gibt nichts Sicheres als organisierte Solidarität im Sozialstaat.“

NGG-Chef Möllenberg hatte sich kurz vor dem Kongress für ein Konjunkturprogramm ausgesprochen. Darauf ging Müntefering aber nicht ein. Bei dem viertägigen Gewerkschaftstag wird auch ein neuer Vorstand gewählt. Die Wiederwahl von Möllenberg gilt als sicher. Der ausgebildet Bankkaufmann arbeitet seit 1975 hauptamtlich für die NGG und ist seit 1992 Vorsitzender. Möllenberg ist damit dienstältester Vorsitzender einer DGB-Einzelgewerkschaft.

Der NGG-Chef, der unter Gewerkschaftern auch im eigenen Verband als eher konfliktscheu gilt, machte den Gästen aus der Politik angesichts der Finanzkrise ungewöhnliches Geschenk gemacht. Für Arbeitsminister Scholz und seinen Parteikollegen Müntefering gab es die dreibändige und illustrierte Ausgabe von Karl Marx´ Hauptwerk „Das Kapital“. Für Müntefering sei der Klassiker – neben dem Grundgesetz – eines der wichtigsten deutschen Bücher.

Die Gewerkschaft NGG feierte 2005 ihr 140-jähriges Bestehen und ist damit die älteste Einheitsgewerkschaft Deutschlands. Sie vertritt rund 200 000 Mitglieder und gehört damit zu den kleineren Organisationen im DGB. hah

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