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Wirtschaft: Beim Atomausstieg ist das Unternehmen der Politik voraus - der Bereich ist nicht mehr von strategischer Bedeutung

Während die Politiker in Berlin noch über den Atomausstieg debattieren, um Fristen und Entschädigungen feilschen, hat Siemens ihn schon geschafft. Der Elektrokonzern bringt im Jahr 2000 seine Kernkraftwerksbranche als Juniorpartner in ein Joint Venture mit dem französischen Unternehmen Framatome ein.

Während die Politiker in Berlin noch über den Atomausstieg debattieren, um Fristen und Entschädigungen feilschen, hat Siemens ihn schon geschafft. Der Elektrokonzern bringt im Jahr 2000 seine Kernkraftwerksbranche als Juniorpartner in ein Joint Venture mit dem französischen Unternehmen Framatome ein. Angesichts ungeklärter Entsorgungsprobleme, politischem Widerstand und der Strommarktliberalisierung ist die Atombranche für Siemens nicht mehr von strategischer Bedeutung. Siemens-Chef Heinrich von Pierer hatte den Kurs schon vor Monaten vorgegeben. Im Konzern sollen nur jene Bereiche bleiben, in denen Siemens weltweit die Nummer eins oder zwei ist. Jeder Geschäftsbereich müsse Gewinnaussichten haben, betonte er im Februar auf der Hauptversammlung in München: "Wo wir das aus eigener Kraft in der vereinbarten Frist nicht schaffen, stehen andere Lösungen auf der Tagesordnung, zum Beispiel Kooperation oder Desinvestment."

Aber auch in Frankreich, wo 80 Prozent des vom staatlichen Monopolisten Electricité de France (EDF) produzierten Stroms aus insgesamt 57 Meilern stammen, ist der Bau von Atomkraftwerken kein lukratives Geschäftsfeld mehr. Seit Jahren ist kein Neubau-Auftrag mehr vergeben worden. Frankreichs elektrotechnische Industrie hat sich nach einem gigantischen Boom in den siebziger und achziger Jahren aus diesem Sektor fast ganz verabschiedet. Der Alcatel-Konzern gab im Sommer seine 44-prozentige Beteiligung an Framatome ab. Auch der Alstom-Konzern, vor Jahren noch heftig darum bemüht, Siemens als Framatome-Partner auszubooten, zeigt seit der Zusammenlegung des Kraftwerksgeschäftes mit ABB keinerlei Interesse mehr. Das gesamte französische Know-how für Atomkraft liegt heute in den Händen der drei Staatsbetriebe Framatome, des Atombrennstoffkonzerns Cogema und der Elektrizitätswerke EdF.

Analysten betonen, das Nukleargeschäft in Europa sei seit Jahren deutlich rückläufig. Framatome und Siemens hatten vor wenigen Jahren noch gehofft, wenigstens einen Prototyp des seit zehn Jahren geplanten modernen Druckwasserreaktors EPR bauen zu können. Die rot-grünen Koalitionen in Berlin und Paris lassen jedoch keine Zustimmung erwarten. Die französische Umweltministerin Dominique Voynet hat kurzerhand mit dem Auszug aus der Koalition gedroht, falls in Frankreich ein solcher Meiler in Auftrag gegeben werden sollte.

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