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Wirtschaft: Benzin bleibt teuer

Opec denkt über höhere Richtpreise für Öl nach – und die Nachfrage aus Amerika treibt die Notierungen in Europa

Berlin (hop). Autofahrer müssen sich noch länger auf hohe Benzinpreise einstellen. Zwar sind die Notierungen seit vergangenem Montag, als die Konzerne die Preise auf ein Rekordniveau hievten, etwas abgebröckelt. Aber der nächste Anstieg ist nur eine Frage der Zeit. „Der jüngste Rekord muss nicht das Ende sein“, sagte Rainer Wiek, Chefredakteur des Fachblatts Energieinformationsdienst (EID), dem Tagesspiegel am Mittwoch. „Es spricht wenig dafür, dass die Preise sinken.“ Viel Spielraum hätten die Tankstellen ohnehin nicht. „Trotz der hohen Preise ist da zurzeit nicht viel zu verdienen“, sagte Stephan Zieger, Geschäftsführer beim Bundesverband freier Tankstellen (bft). Die Einnahmen deckten meist nur die Kosten.

Drei Gründe sind für die hohen Preise verantwortlich. Zurzeit kaufen USKunden verstärkt in Europa Endprodukte wie Benzin ein – und treiben dadurch wie schon seit einigen Jahren jeweils im Frühjahr die Notierungen in die Höhe. Der Grund: Die Raffinerien in den USA kommen häufig nicht mit der Produktion nach oder sind nicht auf umweltfreundliche Treibstoffe, die von einigen US-Bundesstaaten verlangt werden, ausgerichtet – im Gegensatz zu ihren europäischen Konkurrenten. Zurzeit müssen in Rotterdam 412 Dollar je Tonne Benzin gezahlt werden, sagte Wiek vom EID. Dies bedeute eine Preissteigerung von 30 Dollar innerhalb von nur einer Woche. In den USA selber sind die Kurse für Benzin sogar auf ein Allzeithoch gestiegen.

Daneben reagieren die Rohölmärkte nervös auf Terroranschläge wie zuletzt auf irakische Ölanlagen am vergangenen Wochenende. Darunter leidet auch die Ölproduktion im Irak, die hinter den Erwartungen zurückbleibt. Seit Monaten kostet der Rohstoff mehr als 30 Dollar je Barrel (159 Liter) – und ist mittlerweile wieder auf dem Niveau, das im vergangenen Jahr kurz vor Beginn des Irakkriegs erreicht wurde.

Neben dem Terror verunsichert auch die Preispolitik der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) die Händler. Am Dienstag sagte der Opec-Generalsekretär Purnomo Yusgiantoro, das Kartell prüfe, welche Preisspanne es zukünftig anstreben werde. Offiziell will die Opec bisher, dass ein Barrel zwischen 22 und 28 Dollar kosten soll. Doch einige Mitglieder – insbesondere Venezuela und Nigeria – verlangen, dieses Preisband anzuheben. Yusgiantoro sprach von einer Spanne von 32 bis 34 Dollar.

Allerdings wehrt sich das wichtigste Opec-Mitglied Saudi-Arabien dagegen. Der saudische Ölminister Ali Naimi betonte bereits, man fühle sich dem bisherigen Preisband verpflichtet. Aus Opec-Kreisen erfuhr der Tagesspiegel, mit einer schnellen Entscheidung sei in der Frage nicht zu rechnen. „Es ist nur eine Idee, deren Umsetzung wahrscheinlich lange brauchen würde“, hieß es. Beim nächsten Opec-Treffen Anfang Juni werde wohl darüber diskutiert.

Die Opec hat sich daneben bereits auf Förderkürzungen geeinigt, die diesen April durchgesetzt werden sollten. Angesichts der hohen Preise an den Börsen wird aber deutlich mehr produziert. „Die Versorgung ist gut“, sagte Wiek vom EID. Über ihre Rhetorik sorgt die Opec trotzdem für Unsicherheit.

Bisher haben die hohen Preise die Konjunktur kaum belastet. Doch die Sorgen wachsen. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums sagte am Mittwoch, die Bundesregierung habe einen Appel an die Förderländer gerichtet, ihrer Verantwortung für die Weltkonjunktur gerecht zu werden. Am Dienstag hatte sich auch US-Notenbankchef Alan Greenspan besorgt gezeigt.

Starker Euro dämpft Ölpreisanstieg

In Deutschland habe der starke Euro den Anstieg bisher gut abgefedert, sagte Gustav Adolf Horn, Konjunkturexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), dem Tagesspiegel. „Auch wenn die Opec nun ihre neuen Preisvorstellungen durchsetzen würde, würde das nur eine kleine Belastung für die Konjunktur bedeuten.“ Weniger glimpflich könnte aber die Entwicklung für Deutschland verlaufen, wenn der Euro an Wert verliert, sagte Horn. „Dann könnte das zarte Pflänzchen der Wirtschaftserholung sehr dürr werden.“

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