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Wirtschaft: Berater ist nicht gleich Berater

Die Politik braucht externe Hilfe – aber sie muss sorgfältig prüfen Von Krista Sager

Berater nehmen Ihnen die Uhr weg und sagen Ihnen dann für viel Geld, wie spät es ist. Dieser Satz zeigt zwei grundsätzliche Vorurteile gegen einen Berufsstand: teuer und nutzlos. Durch Deutschland wabert eine Debatte, die den Eindruck vermittelt, Beratung an sich sei unfein. Wer Hilfe von außen holt, ist entweder inkompetent, lustlos oder will einfach mal ein bisschen Geld zum Fenster rausschmeißen. Dabei wird alles in einen Topf gemixt. Berater ist jedoch nicht gleich Berater. Es ist ein großer Unterschied, ob es darum geht, jemanden in einer TalkShow unterzubringen, ein Gefälligkeitsgutachten für längst getroffene Entscheidungen zu produzieren oder schwierige, aber notwendige Organisationsprozesse zu begleiten. Der Umbau großer Institutionen wie zum Beispiel der Bundesanstalt für Arbeit ist eine hochkomplexe Aufgabe. Und sie erfordert spezialisiertes Wissen und viel Erfahrung.

Niemandem ist geholfen, wenn knapper werdende Mittel weiter in die alten Strukturen gepumpt werden, die ihre Ineffizienz längst bewiesen haben. Die Arbeitsvermittlung ist dafür ein gutes Beispiel. Vermittlung von Arbeitslosen in neue Stellen findet in vielen Nachbarländern deutlich schneller und langfristig erfolgreicher statt. Nur wer den Einzelfall sieht und die Erwartungen der Unternehmen kennt, kann die richtigen Menschen in die passenden Jobs vermitteln. Wer nun fordert, das Geld statt in die beratende Begleitung der Umorganisation in die Vermittlung zu stecken, handelt nur auf den ersten Blick im Interesse der Arbeitslosen. Schließlich wird die Vermittlung nach dem alten Konzept nicht dadurch besser, dass es mehr davon gibt. Bemerkenswert ist auch, dass gerade diejenigen, die sonst nach weniger Staat rufen, nun der Meinung sind, dass das Know-How für eine Organisationsreform in jeder Dienststelle selbst vorhanden sein muss. Vielleicht hängt es mit der deutschen Mentalität zusammen, dass Rat von außen schon als Eingeständnis von Schwäche gilt. Wir haben die Tendenz, uns eher in schlechten Verhältnissen einzurichten, statt Hilfe von außen zu holen. Dabei wird oft aus dem Blick verloren, dass unter dem Aufschieben der Probleme nicht nur die unmittelbar Betroffenen wie Kolleginnen und Kollegen im Betrieb leiden, sondern auch diejenigen, die auf eine öffentliche oder halb öffentliche Dienstleistung angewiesen sind.

Richtig ist eines: Wer Berater engagiert, muss prüfen, ob das wirklich nötig ist. Gerade die öffentliche Hand ist hier wegen des Umgangs mit dem Geld der Bürgerinnen und Bürger zu größter Sorgfalt verpflichtet. Wer aber versucht, jeden öffentlichen Auftrag als Verschwendung zu brandmarken und ihm ein Geschmäckle anheftet, der setzt auf reinen Populismus. Weder der Handlungsfähigkeit der Politik, noch den Interessen der Menschen erweist er damit einen Dienst. Gut beraten ist er schon gar nicht.

Krista Sager ist Vorsitzende der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen.

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