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Beratung für Neugründer: Die Anstifterin

Jenny Kirchhoff stellte fest, dass Berlin etwas fehlte. Heute organisiert und managt Neugründungen in der Hauptstadt.

Reisen kann inspirierend sein. Als Jenny Kirchhoff immer wieder für den Deutschen Stiftungsbund in ganz Deutschland unterwegs war, merkte sie, dass ihr in einer Stadt etwas fehlte. In Berlin gab es keine Kamingespräche, keine Treffen, keine Abende, auf denen sich Stiftungsgründer austauschen konnten. „Das war hier einfach nicht im Visier“, sagt sie. 2003 entschied sich die 37-Jährige daher, sich mit den bereits gesammelten Kontakten selbstständig zu machen und Stiftungskultur in eine Stadt zu bringen, die arm, aber sexy ist. „Ich habe lange nach einem passenden Format gesucht“, sagt Jenny Kirchhoff. Sie beschloss sich „Botschafterin des Stiftens“ nennen. Seit 2007 berät sie nicht nur potentielle Stiftungsgründer sondern ist auch Salonnière, also Gastgeberin des Stiftungssalons Berlin-Brandenburg.

Gastgeberin zu sein, „das ist meins“, sagt Jenny Kirchhoff, die in Havelberg in Sachsen-Anhalt geboren wurde. „Die Aufgabe schafft mir Befriedigung.“ Sie versteht es, auf die Leute zuzugehen, einen diskreten, exklusiven Rahmen zu schaffen. Ihre Stiftungssalon-Abende finden sechs Mal im Jahr im Berlin Capital Club statt, ein privater Business-Club, eine schicke Adresse am Gendarmenmarkt. Nicht jeder darf teilnehmen.

„Ich habe alle, die ich einlade, persönlich kennen gelernt oder sie empfohlen bekommen“, sagt die 37-Jährige. Privatleute und Stiftungen zahlen pro Abend 38 Euro, Unternehmen 48 Euro. Auf Sponsoringpartner will sie verzichten. „Prominente sind hilfreich“, sagt Kirchhoff, „aber sind nicht meine Zielgruppe.“ Privatpersonen möchte sie ansprechen, und Unternehmen.

Jenny Kirchhoff fällt in diesem Zusammenhang ein Zitat des Unternehmers Heinz Dürr ein: „Die Elite sollte stiften – und nicht stiften gehen.“ Elite im besten Sinne, sei damit gemeint. Leute, die etwas bewegt haben. Wissenschaftler etwa, die mit Hilfe einer Stiftung ihre Arbeit realisieren konnten und dadurch groß wurden. Und nun etwas zurückgeben wollen.

Immer mehr seien dazu bereit, beobachtet die Stiftungsmanagerin. „Auf lange Sicht wird sich die Stiftungskultur so entwickeln, wie wir es exemplarisch in den USA sehen“, glaubt sie. „Auch wenn Deutschland immer ärmer wird, es gibt noch viele Vermögende in diesem Land.“

Wer Teil ihres Kreises ist, mag Jenny Kirchhoff nicht verraten. Und wirbt um Verständnis: Wer eine Stiftung gründen will, habe entweder viel Geld oder eine ungewöhnliche Idee. Die Phase vor der eigentlichen Gründung sei eine sehr sensibel. Die meisten hätten kein Interesse daran, ihre Pläne an die große Glocke zu hängen. Immerhin, die studierte Rechtsökonomin darf die Katja-Ebstein-Stifung als Referenz angeben. Die Chanson-Sängerin ist Trägerin des Bundesverdienstkreuzes für ihren Einsatz gegen die wachsende Kinderarmut.

Das mit dem verborgenen Wirken ist so eine Sache. Eigentlich sind die Stiftungen auf Öffentlichkeit angewiesen, auf Spenden. Jenny Kirchhoff bemerkt, dass sich Stiftungen im Vergleich zu den neunziger Jahren nun öffnen. „Konkurrenz untereinander kann auch gesund sein“, sagt sie. Stiftungen müssen sich anstrengen, um für sich zu werben.

Das Amt als Salongastgeberin bringt es mit sich, dass manche vom Gast zum Kunden werden und sich mit einem konkreten Beratungsauftrag an die Managerin wenden. Aber es könne eben auch sein, dass am Ende eines Gesprächs herauskommt, dass eine Stiftung doch nicht das richtige für denjenigen ist, erzählt Jenny Kirchhoff. Vor allem dann nicht, wenn man sich einfach nur steuerliche Vorteile erhofft. „Stiftungen bedeuten Arbeit“, weiß sie. „Das ist so, als würden sie ein Unternehmen gründen.“ Nicht alle haben die Kraft und die Zeit dafür.

Jenny Kirchhoff betreibt ihre Gastgeber-Rolle ehrenamtlich, sagt sie. „Ich tue das in meiner Freizeit.“ Denn eigentlich ist sie selbst Unternehmerin. Zusammen mit ihrem Mann hat sie sich auf Altbausanierung spezialisiert, es sei ihr „Brot und Butter-Geschäft“. Seit dem Studium jedoch befasst sie sich mit dem Stiftungswesen, sie hat ihre Abschlussarbeit darüber geschrieben und ist fasziniert von dem Gedanken, dass Stiftungen so langlebig sind. Auf ihrer Internetseite schreibt die Beraterin: „Stiftungen sind heute in einem demokratischen Gemeinwesen für die Bewältigung aktueller und künftiger Herausforderungen unverzichtbar, sie zeigen selbstbewusste Verantwortung in der Bürgergesellschaft.“ Davon ist sie überzeugt. Die Botschafterin will sogar eine eigene Stiftung gründen. Die würde dann ökologisches Bauen und Sanieren fördern.

Und wie misst die zielstrebige Jenny Kirchhoff ihren Erfolg als Botschafterin des Stiftens? „Erfolg ist, wenn es mir gelingt, in einer Stadt mit 1000 verschiedenen Events an einem Abend, eine Veranstaltungsreihe zu etablieren“, sagt sie. Anfangs wollte sie die Zahl des diskreten Kreises auf 25 Personen beschränken. Inzwischen kommen 60 Gäste.

Und Jenny Kirchhoff möchte ihr Angebot weiter ausbauen, will sich gezielt an Frauen richten. „Frauen erben öfters als Männer“, sagt die Botschafterin, „außerdem sind sie vom Denken und Fühlen her häufig eher bereit, sich gesellschaftlich zu engagieren.“ Schon heute treffen sich die Damen bereits immer eine Stunde vor dem Salonabend zu einem Workshop, doch meistens reicht die Zeit nicht aus, um alle Fragen zu klären. Im nächsten Jahr startet Jenny Kirchhoff deshalb einen eigenen Damensalon.

„Stiften ist ein höchst persönlicher Entscheidungsmoment“, sagt die Geschäftsfrau. Sie verspricht Loyalität, erwartet aber im Gegenzug auch Verbindlichkeit von ihren Gästen. Wer sich länger nicht mehr bei ihr meldet, wird auch nicht mehr eingeladen. Auf ihren Veranstaltungen legt die Salondame keine Gästelisten aus, es gibt keine Namensschildchen. „Jedem ist selbst überlassen, wie viel er über sich preisgibt“, sagt sie. „Es geht nicht darum, am Abend zwanzig Visitenkarten zu verteilen.“ Wer möchte, kann sich an die Gastgeberin wenden, sie stellt dann einzelne Personen einander vor. Kirchhoff ist eine Netzwerk-Knüpferin. Und ihr Netz, das soll halten.

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