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Exklusiv

Beratung in der Bank: Verdi will gegen Beschwerderegister klagen

Die Finanzaufsicht registriert jetzt, wenn sich Kunden über ihren Bankberater beschweren. Verdi will vor Gericht gegen das neue Register vorgehen.

Berlin - Mark Roach ist sauer. Die Regierung stelle Bankberater unter „Generalverdacht“, ärgert sich der Gewerkschafter. Und auch gegen die „Vorratsdatenspeicherung“ will Verdi kämpfen. Noch sucht man nach Kollegen, die mitziehen, doch noch in diesem Jahr soll geklagt werden – zur Not bis zur höchsten Instanz. „Wir wollen die Sache vor das Bundesverfassungsgericht bringen“, sagte Verdi-Sekretär Roach dem Tagesspiegel.

Das, was Verdi empört, hält Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) für einen Fortschritt. Sie meint, das neue Beraterregister werde den Schutz der Anleger vor Falschberatung erhöhen. Um die Kontrolle über die Berater in den Banken zu verschärfen, führt die Finanzaufsicht Bafin seit vergangenem Donnerstag ein Register, in dem alle 300 000 Bank- und Vertriebsberater geführt werden. Aber nicht nur die reinen Daten zur Person landen in dem Register, sondern auch sämtliche Beschwerden, die Kunden über ihren Berater abgeben. Die Banken sind verpflichtet, diese innerhalb von sechs Wochen an die Bafin weiterzuleiten.

Das sei „ein wichtiges Werkzeug, um risikoorientiert zu schauen, wo gegen Vorschriften verstoßen wird“, verteidigt Bafin-Sprecherin Dominika Kula die Reform. 40 bis 50 Personen sind bei der Bafin für das Register zuständig. Sie prüfen, welche Beschwerden eingehen. Häufen sich bei einem Berater die Fälle, gehen die Aufseher der Sache nach. Die Sanktionsinstrumente sind vielfältig, sie reichen von Verwarnungen bis hin zu einem Berufsverbot für maximal zwei Jahre.

Schon vor Einrichtung des Registers konnten sich Kunden bei der Finanzaufsicht über ihre Bank beschweren. Die Fälle nehmen zu. 6073 Beschwerden verzeichnete die Bafin im vergangenen Jahr, 161 mehr als im Vorjahr. Noch deutlicher bekommt die Ombudsstelle der privaten Banken den wachsenden Unmut der Kunden zu spüren: Hier stieg die Zahl der Beschwerden im vergangenen Jahr um 22 Prozent auf 8268, über die Hälfte davon betraf die Geldanlage.

Verbraucherschützer kritisieren schon seit langem, dass Bankberater ihren Kunden bevorzugt solche Produkte empfehlen, die eher der Bank als dem Kunden dienen. „Der Kern des Problems ist die provisionsgestützte Beratung“, sagt Dorothea Mohn vom Bundesverband der Verbraucherzentralen, dagegen helfe auch das neue Register nichts. Dennoch sei dieses eine vernünftige Maßnahme. „Das Register unterstützt die Bafin bei ihren Kontrollen“, meint Mohn, „die Bafin kann Schwachstellen erkennen“.

Doch die Kontrolle trifft die Falschen, meint der Gewerkschafter Roach. „Jede Beschwerde wird registriert“, sagt der Verdi-Mann, egal, ob sie berechtigt ist oder nicht. Das räumt man auch bei der Bafin ein. Für die Betroffenen könnte das aber empfindliche Konsequenzen haben. Roach befürchtet, dass Bankberater, die einen neuen Job in der Branche suchen, künftig eine Selbstauskunft vorlegen müssen, die sie bei der Bafin eingeholt haben. „Wer das nicht tut oder viele Beschwerden bekommen hat, ist raus“, warnt er. Egal, ob er sich wirklich etwas hat zu- schulden kommen lassen oder nicht. Dabei stehen die Berater ohnehin schon unter Druck. Sie müssen verkaufen, Erträge bringen, damit sie ihre Zielvorgaben schaffen. Oder bestimmte, meist bankeigene Produkte an den Kunden bringen. Wer das nicht schafft, muss sich vor seinem Chef rechtfertigen. Karriere, Belohnungsreisen oder Bonuszahlungen hängen vom Verkaufserfolg ab, sagt Roach.

Was das Register angeht, verbindet Verdi und die Deutsche Kreditwirtschaft eine seltene Einigkeit. Der bürokratische Aufwand sei „unnötig hoch“, kritisiert Branchensprecher Steffen Steudel. Im Übrigen verfügten die von Banken und Sparkassen eingesetzten Mitarbeiter bereits heute über „eine hohe Qualifikation“. Eine Nachqualifizierung anlässlich der Neuregelung zur Beraterregistrierung sei daher nicht nötig. Heike Jahberg

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