zum Hauptinhalt
Weites Feld. Von welchem Hof kommt das Obst und warum ist Bio so teuer? Naturkost-Fachberater wissen das. Spezielle Weiterbildungen schulen Interessierte auf dem Gebiet. Darüber hinaus kennen sie sich mit Branchentrends aus. Foto: dapd

© dapd

Wirtschaft: Beratung ist Trumpf

Es gibt immer mehr Biomärkte. Und die Nachfrage nach Naturkost-Fachberatern steigt. Die Jobchancen sind hervorragend

Es gab eine Zeit, in der Petra Firla ihre Lebensmittel hauptsächlich im Discounter gekauft hat. Bis sie sich aus gesundheitlichen Gründen und Fragen des Tierschutzes immer stärker dafür interessierte, woher das Fleisch auf ihrem Teller eigentlich kommt. Und unter welchen Bedingungen das Tier zuvor gelebt hat. Nach einer längeren Afrika-Reise stellte sie ihre Ernährung komplett auf Vollwertkost um. Sie kaufte weniger Lebensmittel – dafür aber bewusster. Auch beruflich wollte die 47-Jährige neue Wege gehen. Sie buchte beim Forum Berufsbildung eine Ausbildung zur Naturkost-Fachberaterin. Weil sie nicht nur privat gerne mit anderen Menschen zu tun hat und ihre späteren Klienten souverän beraten möchte.

Wer die Ausbildung abgeschlossen hat, kann Kunden, die gerne Bioprodukte kaufen, kenntnisreich Auskunft über die angebotenen Produkte und über die ökologische Landwirtschaft geben. Und auch über Themen wie das Fasten, Allergien oder Kinderernährung. Petra Firla formuliert es so: „Ich kann die Kunden dann kompetent informieren und auch erklären, warum die Produkte häufig etwas teurer sind.“

Das Forum Berufsbildung bietet seit den 80er Jahren Bildungsangebote im Bereich Naturkost an. Das Fernstudium ermöglicht eine flexible Zeiteinteilung. Der Kurs ist in sogenannte Lehrbriefe unterteilt, die durch Fachseminare und ein Prüfungsseminar ergänzt werden. In den Lektionen geht es um Themen wie Marketing und Verkauf, Milch und Milprodukte, Öle und Fette, Naturkosmetik, Getreide oder um Vollwertkost sowie andere Ernährungsrichtungen.

Die Jobchancen der Absolventen sind hervorragend – die Biobranche ist auch 2010 weiter gewachsen. Nach Angaben des Bundes ökologische Lebensmittelwirtschaft ist der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln im vergangenen Jahr um rund zwei Prozent auf 5,9 Milliarden Euro gestiegen. Der Naturkostfachhandel verzeichnete einen Umsatzzuwachs von acht Prozent. Die Mitarbeiterzahlen in der Branche steigen jährlich um sechs bis acht Prozent. Dennoch mangelt es Geschäften mit einem Bio-Sortiment häufig an kompetentem Verkaufspersonal. Großes Interesse an den Naturkost-Experten bestätigt auf Anfrage zum Beispiel der Anbieter „Bio Company“. Aber auch bei dessen Mitbewerbern ist das Fachwissen der Absolventen gefragt. Wert gelegt wird auf die Beratungskompetenz der Mitarbeiter, außerdem auf die Fähigkeit, Auskunft über die Verarbeitung der Produkte zu geben, über Unverträglichkeiten zu informieren und auf individuelle Fragen einzugehen. „Auch kleinere Läden sind immer wieder auf der Suche nach gutem Personal“, bestätigt Harald Wurm, Geschäftsführer des Bundesverbandes Naturkost Naturwaren für den Einzelhandel.

Wer sich für das Fernstudium zum Naturkost-Fachberater entscheidet – das jederzeit begonnen werden kann – sollte Erfahrung im Umgang mit Kunden haben und sich gut ausdrücken können. Und keine Schwierigkeiten damit haben, aktiv auf die Kunden zuzugehen. Die Fachberater sollten sich darüber hinaus über aktuelle Branchentrends auf dem Laufenden halten. Neben der Arbeit mit den Kunden bestellen Naturkost-Fachberater neue Waren, holen Angebote ein, führen Einkaufsverhandlungen oder prüfen die Qualität der eingegangenen Waren. Außerdem sind sie dafür verantwortlich, die Produkte kundengerecht und attraktiv zu präsentieren. Neben einer Tätigkeit in Fachgeschäften, Reformhäusern oder Bio-Supermärkten haben Absolventen auch Jobchancen bei Herstellern, Großhändlern und im konventionellen Lebensmitteleinzelhandel.

Petra Firla hat sich für die lernintensivere Variante des Fernstudiums zum Naturkost-Fachberater entschieden, die auch betriebswirtschaftliches Wissen vermittelt. In den insgesamt 27 Lehrbriefen werden auch die Themen Betriebsgründung, Personalwesen oder Buchführung angegangen. Diese Kenntnisse bieten den Lernenden die Möglichkeit, irgendwann einen eigenen Laden zu eröffnen oder in die Verwaltung zu gehen. Interessenten sollten praktische Erfahrungen mit Naturkost, im Verkauf oder mit Vollwertkost mitbringen, um optimal von dem Angebot profitieren zu können, heißt es auf der Internetseite des Anbieters.

Wer den Kurs zum Naturkost-Fachberater ohne das betriebswirtschaftliche Plus belegt, erhält 21 Lehrbriefe. Dieses Fernstudienangebot dauert in Vollzeit acht, in Teilzeit 21 Monate. Die Ausbildung kostet rund 2400 Euro. Das Fernstudium mit dem kaufmännischen Plus dauert in Teilzeit 27 Monate, in Vollzeit zehn und kostet rund 3000 Euro. Wer sich in der Bio-Branche schon gut auskennt, kann das betriebswirtschaftliche Wissen auch in einem separaten Kurs erwerben.

Petra Firla schätzt an ihrem Fernstudium die freie Zeiteinteilung. So ist die Ausbildung gut mit ihrem restlichen Alltag kombinierbar. „Andererseits hat das Lernen in Gemeinschaft natürlich auch Vorteile.“ Weil es einem mehr Druck mache, sein Pensum abzuarbeiten. Neben dem Fernstudium bietet das Forum Berufsbildung aber auch Seminare und Kurse als Präsenzveranstaltungen an, zum Beispiel für Azubis. Und auch der Anbieter Cimdata hat für Interessenten eine mehrmonatige Weiterbildung im Angebot.

„Für das Fernstudium braucht man schon viel Eigeninitiative und muss sich selbst motivieren können“, sagt Beatrix Boldt, die beim Forum Berufsbildung für die berufliche Weiterbildung zuständig ist. Zudem bieten die Dozenten ihren Kunden regelmäßige Unterstützung, etwa die Möglichkeit, Fragen per Mail zu erörtern. „Ich telefoniere häufig mit den Teilnehmern und spreche mit ihnen über fachliche Fragen“, sagt die Trainerin Antje Schwan. Die Teilnehmer können sich außerdem online mit ihren virtuellen Klassenkameraden austauschen.

Petra Firla hat schon in vielen verschiedenen Branchen ihr Geld verdient – als Zahnarzthelferin oder Verkäuferin für Büromöbel und Computer. Gerne würde sie nach dem Ende der Ausbildung in einem kleinen Bioladen arbeiten. „Vielleicht auch in einem Hofladen, mit direkter Anbindung an die Landwirtschaft.“

Zur Startseite