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Wirtschaft: Berlin bleibt das Schlußlicht

Berliner Jahreswirtschaftsbericht: Bis Ende 1998 sollen nochmals 30.000 Stellen verloren gehen VON HENRIK MORTSIEFER Berlin .

Berliner Jahreswirtschaftsbericht: Bis Ende 1998 sollen nochmals 30.000 Stellen verloren gehen VON HENRIK MORTSIEFER

Berlin .Der Abbau von industriellen Arbeitsplätzen in Berlin wird sich nach Einschätzung der Wirtschaftsverwaltung auch in diesem und im nächsten Jahr fortsetzen.Erst von Ende 1998 an sei mit der Wende zu einem "positiven Strukturwandel" zu rechnen, der per Saldo wieder mehr Arbeitsplätze schaffe, erklärte Wirtschaftssenator Elmar Pieroth am Donnerstag auf seiner Jahrespressekonferenz.1997 erwartet Pieroth eine stagnierende Wirtschaftsentwicklung, das "Wachstum" liege bei einer "roten Null".Berlin bleibe aber Schlußlicht aller Bundesländer.Bis Ende 1998 sollen nochmals 30.000 Stellen in Berlin verloren gehen.1995 und 1996 seien es insgesamt 52.000 gewesen.11.000 Stellen seien seit 1990 nach Brandenburg verlagert worden. Angesichts des "besten Gründerklimas in Deutschland" und der Aussicht, in den innovativen Branchen Medien, Medizintechnik, Umwelt- und Verkehrstechnologie neue und langfristig sichere Arbeitsplätze zu schaffen, zeige sich aber, daß Berlin den Strukturwandel aktiv gestalten könne, sagte Pieroth.Die Konzentration auf Kernbereiche sei erfolgversprechender als der Versuch, in jeder Branche den Spitzenplatz einnehmen zu wollen.Die Förderung von Existenzgründern sei beste Bestandspflege.3500 Unternehmensgründer hätten in den vergangenen Jahren rund 10.000 neue Arbeitsplätze geschaffen.Mit inzwischen 70.000 Beschäftigten und einem Umsatz von 20 Mrd.DM entstünden in der Informations- und Kommunikationsbranche die beständigsten Stellen, erklärte Staatssekretär Wolfgang Branoner.In den letzten fünf Jahren seien 3000 hinzugekommen.Von den 7000 Gewerbeanmeldungen, die 1996 per Saldo verzeichnet worden seien, sei jede zweite auf eine Neugründung entfallen.Die Hälfte aller Existenzgründer sei freilich nach fünf Jahren wieder pleite, schränkte Branoner ein.Nach Ansicht Pieroths werden sich "große klassische Industrien" nicht mehr in Berlin ansiedeln lassen.Zusätzliche Industriebetriebe könnten gleichwohl durch Kooperationen von Berliner Unternehmen mit Zulieferern gewonnen werden. Investorenkonferenzen, die bislang bei der Gasag, der BVG und Siemens stattgefunden haben, seien dabei die "preiswerteste Wirtschaftsförderung, die sich denken läßt".Zudem profitiere der Mittelstand von der höheren Transparenz und kleinteiligen Losen bei der Auftragsvergabe.Im übrigen müsse die Berliner Wirtschaft aber ihre Exportanstrengungen und die Zusammenarbeit mit den Forschungseinrichtungen intensivieren, forderte Pieroth. Staatsekretär Branoner räumte ein, daß es in jüngster Zeit nicht gelungen sei, die Abwanderung von Unternehmen, etwa der Melitta Papierfabrik, Hoechst Trevira und Elida Ferbergé, zu verhindern.Offenbar seien die Unterstützungsangebote des Senats nicht ausreichend gewesen.Zuletzt hatten die British-American Tobacco GmbH (BAT) und Alcatel SEL angekündigt, ihre Berliner Werke schließen zu wollen. Die Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB) begrüßten die vom Senat beabsichtigte Profilierung der Standortvorteile Berlins.Darüber hinaus erwarte man aber "entschiedene Schritte zur Entbürokratisierung und zum Abbau von Lohnzusatzkosten", teilte UVB-Geschäftsführer Hartmann Kleiner mit.Insbesondere die uneinheitliche Linie des Senats zur Einführung der Gewerbekapitalsteuer verunsichere die Unternehmen im Ostteil der Stadt.Laut Pieroth würde die Streichung der Gewerbekapitalsteuer im Westteil Berlins zu Einnahmeausfällen von 350 Mill.DM führen.Bekäme das Land, wie derzeit geplant, 2,1 Prozent an der Umsatzsteuer, sei der Ausfall zu 90 Prozent kompensiert.Branoner zufolge würde die Steuererhebung 45 Mill.DM kosten, aber nur 38 Mill.DM in einem Monat einbringen.

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