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Wirtschaft: Berlin ist verärgert über geplante Rüge aus Brüssel

Währungskommissar Solbes will Zwangsauflagen vorschlagen

Brüssel/Berlin (msb/fw). EUWährungskommissar Pedro Solbes hat den Druck auf die Bundesregierung erhöht. Er kündigte am Donnerstag in Brüssel offiziell an, der Kommission am kommenden Dienstag Zwangsmaßnahmen gegen die deutsche Finanzpolitik vorzuschlagen. Es sei notwendig, ebenso gegen Deutschland vorzugehen wie gegen Frankreich, sagte Solbes’ Sprecher. Das bedeute jedoch nicht, dass die gleichen Sparauflagen erteilt werden müssten. Die EU-Kommission muss den Vorschlag von Solbes annehmen, damit er dann den Finanzministern zur Entscheidung vorgelegt werden kann.

Der Ecofin-Rat hatte in der vergangenen Woche eine Entscheidung über die Auflagen für die französische Wirtschafts- und Finanzpolitik verschoben. Die Kommission hatte vorgeschlagen, dass Frankreich sein strukturelles, um Konjunktureinflüsse bereinigtes Defizit 2004 um einen Prozentpunkt verringern müsse. Nur die Niederlande und Österreich stützten dabei die Position der Kommission, die das formale Verfahren einer Verletzung des Stabilitätspakts anwenden möchte.

Dieses kommt zur Geltung, wenn ein Mitgliedsstaat über mehrere Jahre hinweg ein Haushaltsdefizit von mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes hat. Die Kommission kann den Mitgliedstaaten dann verbindliche Empfehlungen machen, am Ende sind auch Sanktionen möglich. Frankreich gehört zu den Haushaltssündern, und wird den Stabilitätspakt 2004 zum dritten Mal verletzen – genauso wie Deutschland. Die Neuverschuldung Deutschlands wird nach dem Herbstgutachten der Kommission 2004 bei 3,9 Prozent und 2005 bei 3,4 Prozent liegen.

EU soll Kooperation anrechnen

Die Bundesregierung ist empört über Solbes Absicht, den Stabilitätspakt buchstabengetreu anzuwenden. Es müsse ein Unterschied gemacht werden zwischen Mitgliedstaaten, die zur Kooperation bereit seien und anderen. Von Seiten der Bundesregierung wird argumentiert, beide Fälle seien nicht vergleichbar, weil Berlin bereits umfangreiche Reformvorschläge gemacht haben, während noch auf die Pariser Sparvorschläge gewartet werde. Die betroffenen Regierungen Frankreich, Deutschland und Italien stünden vor großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Dies müsse von der EU-Kommission berücksichtigt werden. Die Tatsache, dass der Bundesrat die Reformen blockiere, dürfe nicht gegen die Bundesregierung verwandt werden, so die Argumentation. Da der Bundesregierung noch keine Informationen über die Forderungen und geplanten Auflagen Solbes’ vorlägen, könne sie jetzt auch noch nicht reagieren. Wenn die Finanzminister am 25. November in Brüssel das nächste Mal zusammen kommen, werden sie die Maßnahmen gegen Frankreich und Deutschland diskutieren. EU-nahe Kreise rechnen damit, dass im Falle Frankreichs ein Kompromiss beschlossen wird, der Paris erlauben wird, das strukturelle Defizit um etwas weniger als einen Prozentpunkt zu senken.

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