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Buchstaben auf Papier sind langweilig. So sehen es jedenfalls die Entwickler von Soft- und Hardware für E-Books und schaffen die Technik für multimediale Bücher. Foto: ddp

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Wirtschaft: Berlin liest neu

Berlin - Obwohl ihr Vater IT-Unternehmer ist, denkt Thomas Hoppes Tochter analog. Sie liebt Harry Potter und hat daher eine Datenbank der zentralen Begriffe und Figuren aufgebaut – in einem Schuhkarton.

Von Anna Sauerbrey

Berlin - Obwohl ihr Vater IT-Unternehmer ist, denkt Thomas Hoppes Tochter analog. Sie liebt Harry Potter und hat daher eine Datenbank der zentralen Begriffe und Figuren aufgebaut – in einem Schuhkarton. Erst ihr Vater, der sich mit softwaregestützter Wissensmodulierung beschäftigt, überführte die Papierkärtchen in ein digitales, semantisches Modell – und hatte dabei die Idee, diesen Service Verlagen als Extra für ihre E-Books anzubieten.

Bislang ist das eher ein Einfall als ein Geschäftsmodell. Und da das in der Kreativwirtschaft häufiger der Fall ist, hat die Senatsverwaltung für Wirtschaftsförderung ein neues Förderinstrument entwickelt. Sie schreibt Wettbewerbe aus. Vielversprechende Projekte aus der Medien-, Kommunikations- und Kreativwirtschaft sollen ausgewählt und gefördert werden, die Ideen schließlich Profit abwerfen. „Wir wollen Akteure mobilisieren, die sonst von der Wirtschaftsförderung nicht viel mitbekommen“, sagt Ingrid Walther, die bei der Senatsverwaltung für die Projekte verantwortlich ist. Drei Wettbewerbe laufen bereits, nun wurden erneut drei Mal 25 000 Euro ausgelobt. Gefördert werden sollen dieses Mal Unternehmen, die neue Ideen rund um elektronische Bücher entwickeln.

„Bislang war das E-Book nur ein Verwert- und Abfallprodukt der Verlage“, sagt Volker Oppman. Er ist Geschäftsmann der Berliner Firma Textunes, die für Verlage sowohl Software entwickelt als auch die Vermarktung von E-Books übernimmt. Aus seiner Sicht schöpfen die elektronischen Bücher, die zurzeit auf dem Markt sind, die Chancen des neuen Formates längst nicht aus. Das häufig verwendete E-Pub-Format erlaubt kaum mehr, als Texte und Bilder anzuzeigen. Textunes hingegen entwickelt Bücher, die Audio- und Videodateien sowie Links integrieren.

Die Senatswirtschaftsverwaltung wünscht sich mehr Unternehmen dieser Art. Fündig wird sie sicher werden. Die Auftaktveranstaltung war rege besucht, die Diskussion lebhaft. In Berlin gibt es eine wachsende Szene, die irgendwo zwischen IT und Verlagswesen angesiedelt ist, zwischen Kreativkultur und Technik. Und diese Szene ist in Bewegung, sie wächst und feiert erste Erfolge. Die Firma Wizpac zum Beispiel hat den eigenen E-Book-Reader namens „txtr“ entwickelt. Textunes hat inzwischen 12 Mitarbeiter und rund 100 Verlage als Kunden.

Michael Dreusicke ist erst kürzlich von Trier nach Berlin gezogen. Am Morgen hat er eine GmbH angemeldet, nun steht der junge Mann mit der großen Umhängetasche und einem Glas Wein beim „Get Together“ der Wirtschaftsverwaltung im Berliner Literaturhaus. Dreusicke hat mit Partnern ein Content-Management-System entwickelt, das Texte bis auf die Ebene von Sätzen und einzelnen Wörtern erfasst und so verschiedene neue Funktionen zulässt, die auch das elektronische Buch deutlich erweitern könnten. Beim Wettbewerb will die junge GmbH ihr Konzept einreichen.

Auch Reginald Grünenberg ist zum „Get Together“ gekommen. Der IT-Unternehmer war eigentlich nach Berlin gezogen, um aus der Branche auszusteigen, Verleger zu werden und seinen historischen Roman fertig zu schreiben. Doch Verlage und IT sind inzwischen eben kaum noch getrennte Geschäftsfelder, sodass Grünenberg sich schnell für eine neue Idee begeisterte – einen internetfähigen USB-Stick, der als Datenträger für E-Books dienen soll, unabhängig von bestimmten Dateiformaten oder Endgeräten. Die Idee hat die Firma „Smart Media Technologies“ eben auf der Leipziger Buchmesse vorgestellt und will nun in die entscheidende Entwicklungsphase gehen, der Wettbewerb kommt gerade recht. „Wir sind völlig beigeistert von der Ausschreibung“, sagt Grünenberg. „Das ist exakt der richtige Zeitpunkt jetzt.“

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