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Wirtschaft: Berlin soll so reich wie München werden

Neuer IHK-Präsident Eric Schweitzer will mit Privatisierungen und Investitionen die Kaufkraft erhöhen

Berlin - Der neue Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Berlin, Eric Schweitzer, will die Kaufkraft in Berlin auf das Niveau von München heben. Ein Berliner habe durchschnittlich nur 17 000 Euro zur Verfügung, ein Münchener dagegen 23 000, was die gesamte Wirtschaft der bayerischen Metropole in Schwung bringe. „Um die Kaufkraft zu stärken, muss mehr privates Kapital nach Berlin kommen“, sagte Schweitzer am Donnerstag im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Der Verkauf der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GSW habe gezeigt, dass Berlin für Investoren attraktiv sei. „Der Berliner Senat muss auf Privatisierungskurs bleiben“, forderte Schweitzer. Um das Standortmarketing in der Region zu verbessern, sprach sich Schweitzer mittelfristig für eine Fusion der Wirtschaftsförderungsgesellschaften von Berlin und Brandenburg aus.

Schweitzer war am Mittwoch von der Vollversammlung der Berliner Industrie- und Handelskammer mit nur zwei Gegenstimmen zum neuen Präsidenten gewählt worden. Er ist Nachfolger von Werner Gegenbauer, der nach sieben Jahren das Amt abgab. Der 38-jährige Schweitzer ist Chef des Abfallentsorgers Alba, den er zusammen mit seinem Bruder leitet.

Die Privatisierung der städtischen Betriebe sei ein wichtiges Instrument, um Strukturveränderungen in der Berliner Wirtschaft voranzutreiben, sagte Schweitzer: „Eine Staatsquote von 70 Prozent dürfte für eine westliche Demokratie einmalig sein.“ Auch der Verkauf der Berliner Nahverkehrsgesellschaft BVG könne kein Tabu sein. Schon die Ausschreibung einzelner Buslinien führt Schweitzer zufolge zu mehr Wettbewerb und damit mehr Service für die Fahrgäste. Bei der Verkehrsinfrastruktur der Stadt sieht Schweitzer noch erheblichen Nachholbedarf: „Wir brauchen so schnell wie möglich den internationalen Flughafen.“ Bis es soweit ist, sollte der Flughafen Tempelhof geöffnet bleiben. „Ein innerstädtischer Flughafen ist ein einmaliger Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Städten.“ Es sei unverständlich, dass der Senat nicht ernsthaft mit Interessenten wie den Fluggesellschaften DBA und der Germania verhandelt habe. Die Airlines hatten angeboten, den Flughafen in Eigenregie zu betreiben und einen Teil der Verluste von jährlich 15 Millionen Euro zu übernehmen.

Schweitzer kritisierte auch die „katastrophale Bahnanbindung nach Osteuropa“. Es sei geradezu eine „Zumutung“, heute mit dem Zug nach Warschau oder Breslau zu fahren. Hier müsse gemeinsam mit der Bahn an Lösungen gearbeitet werden. „Die neuen EU-Länder im Osten gehören zu den größten Wachstumsregionen der Welt“, sagte Schweitzer. Um Berliner Unternehmen den Zugang zu den Märkten in Osteuropa zu erleichtern, werde eine neue Anlaufstelle gegründet, kündigte er an. Das Büro mit dem Titel „Netzwerk Osteuropa“ werde bei der Wirtschaftsförderung Berlin angesiedelt. Unternehmer sollen hier Informationen zu den Marktbedingungen vor Ort bekommen und Kontakte anderer Firmen nutzen können, die bereits in Osteuropa tätig sind.

Insgesamt müsse die Wirtschaftsförderung und das Standortmarketing in Berlin und der Region schlagkräftiger werden, forderte Schweitzer. Er sprach sich dafür aus, dass die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Berlin (WFBI) und die Hauptstadt-Marketinggesellschaft „Partner für Berlin“ fusionieren. „Die Vermarktung der Stadt lässt sich nicht von der Wirtschaftsförderung trennen“, sagte Schweitzer. Bedenken gegen den Zusammenschluss gab es zuletzt in Reihen der Partner. Einige Mitgliedsunternehmen hatten die Befürchtung, von einer städtischen Gesellschaft vereinnahmt zu werden.

Schweitzer geht in Sachen Standortmarketing aber noch einen Schritt weiter: „Ich bin für eine gemeinsame Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Länder Berlin und Brandenburg.“ Das wäre ein wichtiges Signal für eine Länderfusion, für die sich Schweitzer in seiner zunächst auf drei Jahre befristeten Amtszeit als IHK-Präsident einsetzen möchte. Am Ende dieser drei Jahre solle in Berlin die Kaufkraft gestiegen und die Stimmung unter den Unternehmern besser sein als gegenwärtig. „Ich bin überzeugter Unternehmer und als IHK-Präsident will ich dazu beitragen, dass sich an der wirtschaftlichen Situation der Stadt etwas bessert“, sagte Schweitzer.

Maurice Shahd

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