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Eine Ausbildung ist Voraussetzung für einen Job, zumal die Anforderungen steigen.

© dapd

Berliner Arbeitsmarkt: Kein Anschluss ohne Abschluss

Der Berliner Arbeitsmarkt hat sich gut entwickelt - doch es gibt zu viele Jugendliche ohne Berufsabschluss. Und die Anforderungen an die Arbeitskräfte steigen.

Das Jahr ist noch lange nicht vorbei, doch die Berliner Wirtschaft zieht schon Bilanz. „Wir sind von der positiven Dynamik überrascht“, sagte Christian Amsinck am Montag mit Blick auf den Arbeitsmarkt. Der Chef der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) hält ein Wachstum von 1,5 Prozent für möglich und freut sich über den höchsten Stand bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung seit 1998. Und der Großteil der zusätzlichen Arbeitsplätze stamme dabei keineswegs aus dem Niedriglohnsektor, sondern „die Nachfrage nach qualifizierten Beschäftigten steigt deutlich an“.

So gab es in den ersten acht Jahresmonaten in der Region 51 000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte mehr als vor einem Jahr, 28 000 davon in Berlin. „Die Entwicklung ist besser als in Deutschland insgesamt“, heißt es in der Bilanz der Unternehmensverbände, die mit Hilfe von Daten der Arbeitsagentur auch in die Zukunft schauen. Im kommenden Jahr gibt es zusätzliche Arbeitsplätze im Bereich wissenschaftliche und technische Dienstleistungen, im Handel und dem Gesundheitswesen sowie in der Gastronomie, auf dem Bau, im Verkehrs- und Bildungssektor.

Nach dramatischen Einbrüchen in den ersten zwei Jahrzehnten nach der Vereinigung hat sich die Industrie in den vergangenen Jahren stabilisiert und beschäftigt heute mit fast 110 000 Personen gut 4000 mehr als 2005. Amsinck erwähnte beispielhaft Siemens (plus 1000) und den Eisenbahnhersteller Stadler (plus 800 Mitarbeiter), die in den letzten Jahren ihre Belegschaft deutlich ausgebaut hätten. Und dennoch: „Das Wachstum in der Industrie als Basis auch für wirtschaftsnahe Dienstleistungen und als Voraussetzung für weitere neue Arbeitsplätze ist nach wie vor zu gering.“

Tatsächlich ließ sich die größte Dynamik in den vergangenen Jahren bei Dienstleistungen, der Gesundheitsversorgung, Altenpflege und im Handel verzeichnen; besonders auffällig: Unternehmensberatungen sowie Architekten- und Ingenieurbüros. Auch die Gastronomie boomt. Der Statistik zufolge geben Hotelgäste pro Tag durchschnittlich 204,70 Euro aus. Alle Touristen zusammen ließen im vergangenen Jahr mehr als zehn Milliarden Euro in Berlin. Das sind allerdings auch die Bereiche, in denen sich die meisten prekär Beschäftigten verdingen. Derzeit gibt es rund 234 000 Minijobber in Berlin-Brandenburg, 55 000 Zeitarbeitnehmer und 441 000 Teilzeitbeschäftigte.

In der Analyse der Arbeitgeber gibt es einige weitere Auffälligkeiten: Die Beschäftigungsquote von älteren Arbeitnehmern jenseits der 60 hat sich im vergangenen Jahrzehnt verdoppelt; die Qualifikation der Arbeitnehmer steigt kontinuierlich, während die Zahl der Beschäftigten ohne Berufsabschluss deutlich sinkt; Von den etwa 240 000 Personen, die in Berlin arbeiten, wohnen 180 000 in Brandenburg und 40 000 in den alten Bundesländern. Alarmierend zudem: Fast drei Viertel der arbeitslosen Berliner Jugendlichen unter 25 Jahren haben keinen Berufsabschluss.

Die Qualifikation ist für die Unternehmensverbände das größte Problem und der erste Ansatzpunkt auf dem Berliner Arbeitsmarkt. Hier gibt es für Anlerntätigkeiten 37 Arbeitslose pro offene Stelle, im Bundesdurchschnitt sind es dagegen nur 16. „Eine nachhaltige Verringerung der Arbeitslosigkeit setzt eine umfassende Qualifizierungsoffensive voraus“, zitieren die UVB aus der Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU. Dabei sollten sich Politik und Arbeitsagenturen vor allem auf die Jugendlichen ohne Berufsabschluss konzentrieren. Dann sei bis Ende der Legislaturperiode (2016) ein Abbau der Arbeitslosigkeit von 230 000 auf 170 000 in Berlin möglich.

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