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Wirtschaft: Berliner Händler warten auf Touristen

Vorsichtiger Optimismus im WM-Jahr 2006 / Bundesweit sind die Umsätze im März zurückgegangen

Berlin - Die deutschen Einzelhändler haben im März weniger verkauft als im Vorjahr. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, gingen die Umsätze um 0,8 Prozent zurück. Im Vergleich zu Februar betrug das Minus sogar 3,0 Prozent. Als Grund nannten die Statistiker das kalte Winterwetter. „Von einer Trendwende beim Konsum sind wir noch weit entfernt“, sagte der Sprecher des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE), Hubertus Pellengahr. Schlechte Zahlen meldete auch der Berliner Einzelhandel: Nach vorläufigen Schätzungen stagnierte der Umsatz im vergangenen Jahr. Positive Impulse erhofft sich die Branche nun von der Fußball-Weltmeisterschaft.

Laut Statistischem Bundesamt ist der Umsatzrückgang im März nicht nur auf die schlechte Konsumstimmung zurückzuführen. Auch das Osterfest, das in diesem Jahr im April lag, habe eine Rolle gespielt. Dies habe sich besonders bei Lebensmitteln und Textilien bemerkbar gemacht.

Pellengahr hingegen hält die Konsumstimmung generell für labil. Er forderte die Bundesregierung auf, die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent zurückzunehmen. Andernfalls seien für das kommende Jahr noch schlechtere Zahlen als in diesem zu befürchten. Insgesamt rechnet der HDE für 2006 mit einem Umsatzplus von etwa einem Prozent – vor allem dank der Fußball-Weltmeisterschaft und wegen Vorzieheffekten durch die Mehrwertsteuererhöhung.

Bescheidene Zahlen musste auch der Einzelhandel in der Hauptstadtregion bekannt geben. Nach vorläufigen Schätzungen des Handelsverbands Berlin-Brandenburg (HBB) stagnierte der Umsatz in Berlin bei 12 Milliarden Euro, während er in Brandenburg sogar um vier Prozent auf 6,91 Milliarden Euro sank. „Die Rahmenbedingungen sind unverändert hart“, sagte Verbandspräsidentin Karin Genrich. Mit dafür verantwortlich sei die weiterhin angespannte Situation auf dem Arbeitsmarkt. Der starke Anstieg der Kosten für Energie und Wasser entziehe zusätzlich Kaufkraft. „Besonders in den ländlichen Gebieten Brandenburgs macht sich das bemerkbar“, sagte Genrich.

Der Hauptgeschäftsführer des HBB Nils Busch-Petersen kritisierte den Bau von neuen Shoppingcentern in Berlin. „Schon jetzt haben wir eine Überkapazität von weit mehr als 500 000 Quadratmetern, denen keine relevante Kaufkraft gegenübersteht“, sagte er. Nach den Umsatzrückgängen in den vergangenen Jahren seien die Ansprüche des Einzelhandels deshalb eher bescheiden. Für 2006 werde in Berlin angepeilt, das derzeitige Niveau zu halten.

Positive Impulse sollen allerdings von der WM ausgehen. Touristen tragen schon jetzt 18 Prozent zum Umsatz im Berliner Einzelhandel bei. Während der WM könnte dieser Anteil deutlich steigen. Die liberalen Öffnungszeiten begünstigten den Konsum, sagte Busch-Petersen. Viele Geschäfte planten zudem, Großleinwände aufzubauen. Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom Donnerstag im WM-Markenstreit begrüßte der HBB-Geschäftsführer. Viele Händler seien erleichtert und würden nun mehr mit der WM werben. Der BGH hatte die Verwendung des Begriffs „Fußball WM 2006“ auch für Nicht-Lizenznehmer erlaubt.

Insgesamt erwartet der HBB durch die WM Mehreinnahmen von 35 Millionen Euro. Busch-Petersen schränkte aber ein, dass dies im Vergleich zu 12 Milliarden Euro Jahresumsatz eher bescheiden sei. Der Handel hoffe daher vor allem auf Impulse für den Tourismus nach der Weltmeisterschaft.

Henning Zander

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