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Auch Tischler arbeiten heute mit computergesteuerten Maschinen.

© picture-alliance/ gms

Berliner Handwerk: Hightech in der Werkstatt

Wie neue Technologien Berufe verändern – und spannende Karrierechancen eröffnen.

Die Arbeiten rund um den internationalen Flughafen Berlin-Brandenburg laufen auf Hochtouren. Das kann Robin Krüger von dem angrenzenden neuen Gewerbegebiet aus beobachten. Er ist dort in einem Industriegebäude tätig, in dem sich künftig alles um „Sky-Catering“, also Gastronomie rund um den Flugbetrieb, drehen wird. Der 25-Jährige arbeitet an Maschinen für eine so genannte freie Kühlung. Durch die Technik ist es möglich, im Winter die Außenluft zu nutzen, um Wasser zu kühlen und durch ein Rohrleitungssystem das gesamte Gebäude in ein Kühlhaus zu verwandeln. Bis zu 30 Prozent Energie kann man damit im Jahr sparen, erklärt er begeistert. Im Sommer wird dieser Effekt wie beim Kühlschrank mit Energie erzeugt. Krüger verbindet Rohre, prüft die Hydraulik für den Wasserzulauf, stellt die Temperatur und die Funktionen ein und probiert, ob alles läuft.

Energieeffizienz, das ist sein Thema. Krüger ist Anlagenmechaniker für Sanitär, Heizung und Klimatechnik und arbeitet seit vier Jahren als Geselle bei der Firma ST Gebäudetechnik in Potsdam. Dort hat er auch seine Lehre gemacht und später, neben dem Job, eine Weiterbildung an der Bundesfachschule für Kältetechnik ihn Thüringen, die er nach neun Wochen mit einem Umweltschein für Kältetechnik abschloss.

Das Unternehmen ST Gebäudetechnik ist für technische Anlagen zuständig, mit denen der Klima-, Kälte- und Wärmehaushalt in Museen, Verwaltungsgebäuden oder im Fernsehturm am Alexanderplatz umweltschonend geregelt wird. Das Geschäft läuft gut. In dem expandierenden Betrieb sind 86 Mitarbeiter, darunter 14 Auszubildende beschäftigt.

Moderne Energieerzeugung, neue Technologien, Umweltschutz – nicht nur im Bereich Sanitär und Klimatechnik hat sich dadurch in den letzten Jahren einiges gewandelt. Die Entwicklungen setzen Trends, die die Anforderungen an die Handwerksberufe gravierend beeinflussen. In vielen Jobs ist die Arbeit mit computergesteuerten Werkzeugmaschinen inzwischen Alltag. Und das wirkt sich auch auf die Aus- und Weiterbildung aus.

Um den Nachwuchs auf die neuen Aufgaben vorzubereiten, wurden alte Ausbildungsberufe neu geordnet, Inhalte modernisiert und Berufe zusammengefasst. So wurde 2003 aus dem früheren Zentralheizung- und Lüftungsbauer und dem ehemaligen Gas-Wasser-Installateur der neue Beruf Anlagenmechaniker für Sanitär, Heizung und Klimatechnik. Auch der Beruf des Kfz-Mechatronikers ist neu. Er entstand aus den „alten“ Berufen Kfz-Mechaniker, Elektriker und Automobilmechaniker. Aus dem Beruf Müller wurde der Verfahrenstechnologe für die Mühlen- und Futtermittelwirtschaft.

Wer wie Robin Krüger im Bereich Sanitär, Heizung und Klimatechnik arbeiten will, muss technisch versiert sein. Neben der Vermittlung grundlegender handwerklicher Fähigkeiten stehen in der Ausbildung Physik, Strömungslehre und Thermodynamik auf dem Stundenplan, erklärt Geschäftsführer Neyen, der auch Vorsitzender der Berufsbildungsausschusses des Bundesverbands Heizung-, Klima- und Sanitärtechnik ist.

Keine Firma, die sich nicht im Internet präsentiert

Die große Herausforderung für den Nachwuchs sei, kleinste Details der Abläufe und Funktionen zu verstehen, damit sie auch bei großen Anlagen den Durchblick behalten. Auch die erfahrenen Mitarbeiter des Potsdamer Unternehmens werden regelmäßig weitergebildet, um immer auf dem neuesten Stand zu bleiben.

Neben den technischen Anforderungen im Handwerk hat sich auch beim Service einiges getan. Das Internet spielt heute bei der Akquise eine wichtige Rolle. Wie in anderen Branchen kann sich kaum eine Firma noch leisten, nicht mit einer Firmenseite im Worldwideweb präsent zu sein.

Gerade für Jungmeister, die ihre Aufträge noch nicht über Empfehlungen erhalten, bieten Auftragsbörsen im Netz, wie beispielsweise My-Hammer.de, gegen eine monatliche Gebühr erste Kundenkontakte. Immer mehr Interessenten informieren sich im Internet, suchen dort Handwerker, vergleichen Qualität, Angebot und gegebenenfalls auch Preise von Unternehmen.

Auch Tischler müssen sich den neuen Herausforderungen stellen. „Der Beruf ist auch durch die zunehmende Vielfalt an Materialien anspruchsvoller geworden“, sagt Matthias Vondung. Der promovierte Kunsthistoriker, Schreinermeister und Denkmalpfleger ist Geschäftsführer der Restaurierungswerkstätten Berlin, einer Tischlerei in Lichtenberg, die 25 Mitarbeiter beschäftigt. „Es gibt viel mehr Kunststoffe, Beschichtungen, Oberflächenmaterialien und Fenstergläser als früher“, sagt er. Man muss entscheiden, welches Material für welchen Fall das beste ist.

Zu seinem Team gehört auch Dennis Rust. In diesen Tagen hat der Möbeltischler mit seinen Kollegen noch die letzten Wandverkleidungen in der Staatsoper demontiert und im Raritätensaal der Staatsbibliothek eine alte Metalltreppe mit grau gebeiztem Eichenholz verkleidet. „Ich finde alte Möbel cool“, sagt Rust. Aber auch neue Küchen einzubauen, macht ihm Spaß. Der 20-jährige Geselle spielt mit dem Gedanken, noch eine Zusatzausbildung zum Restaurator zu machen. Vielleicht wird er später noch einen Meister draufsatteln.

Die Meisterprüfung ist nach wie vor das klassische Sprungbrett für den Aufstieg. In den meisten Handwerken ist der Titel Grundlage für die Leitung eines Betriebes. Wer einige Jahre Berufserfahrung gesammelt hat, kann auch ohne Abitur studieren – und etwa Ingenieur werden. Auf diese Weise kann man sich spezialisieren. Außerdem steigen die Chancen auf eine Führungsposition.

Doch soweit hat der Tischler Rust noch nicht geplant. Der nächste Karriereschritt ist ihm erst einmal groß genug.

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