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Berliner Kreative: Zu viele Künstler, zu wenig Geld

Nicht jeder verdient so gut wie Peter Fox: Das DIW hat die Einkommenssituation der Kreativen in der Hauptstadt untersucht: Woanders verdienen sie besser.

Berlin - Über Geld muss sich der Berliner Sänger Peter Fox im Moment wohl keine Sorgen mehr machen. Sein Album „Stadtaffe“ steht seit Wochen in den Charts. Andere Berliner Musiker können dagegen von ihrer Kunst allein nicht leben. „Viele Künstler verdienen netto nicht einmal 700 Euro im Monat“, sagt Marco Mundelius vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Dabei geht bei den kreativen Berufen die Einkommensschere weit auseinander: Angestellte Künstler verdienen im Vergleich zu allen Berliner Berufstätigen relativ gut. Mundelius nennt das den „Philharmoniker-Effekt“. Selbstständige Künstler verfügen dagegen im Schnitt über weniger als die Hälfte des Einkommens von Selbständigen anderer Berufsgruppen. Das ergab eine Studie des DIW über die Einkommen in der Berliner Kreativbranche.

Knapp 21 000 Musiker, bildende oder darstellende Künstler leben und arbeiten in der Hauptstadt. Hinzu kommen knapp 80 000 Erwerbstätige in anderen kreativen Berufen, etwa Architekten, Designer, Werbefachleute, Publizisten oder Softwareentwickler. Basis der DIW-Untersuchung sind die Daten des Mikrozensus zu den Nettoeinkommen. Im Jahr 2006 erwirtschafteten die Künstler und Kreativen ein Gesamteinkommen von 2,1 Milliarden Euro. Somit trage die Kreativbranche ein Zehntel zur gesamten Beschäftigung und Wirtschaftsleistung Berlins bei, schreibt das DIW. Dabei ist die Zahl der Künstler und Kreativen im betrachteten Zeitraum (1998 bis 2006) in der Hauptstadt um 37 Prozent gestiegen – und damit stärker als in den Vergleichsregionen, Köln, Düsseldorf, Hamburg, München, Rhein-Main und Stuttgart.

Beim Geldverdienen bleiben die Berliner jedoch hinter anderen Regionen zurück: Ihr Pro-Kopf-Einkommen stieg um zwölf Prozent, während sich das Pro- Kopf-Einkommen der Künstler und Kreativen im Durchschnitt der sechs Vergleichsregionen um rund 18 Prozent erhöhte. Auch wuchs ihr Einkommen nur halb so stark wie im Durchschnitt aller Berliner Erwerbstätigen.

„Berlin ist für Künstler sehr attraktiv“, sagt Rudolf Zink, bei der Gewerkschaft Verdi für bildende Kunst zuständig. So sei etwa die Atelierförderung in der Hauptstadt vorbildlich. „Aber Berlin ist ein schlechtes Pflaster, um zu verkaufen“, sagt er. Es gebe hier einfach nicht genug zahlungskräftige Kunstliebhaber. Überleben würden die Künstler daher mit vielen kleinen Nebenjobs: Sie bauen Bühnenbilder, entwerfen Produkte, arbeiten in Schulen oder Universitäten.

„Es gibt nur ganz wenige, die in der Kunst sehr viel Geld verdienen“, sagt Marlies Hummel, die im Auftrag des Bundesverbandes bildender Künstlerinnen und Künstler deren wirtschaftliche Situation untersucht. Und dort, wo das Angebot an künstlerischen Leistungen wie in Berlin groß sei, sei auch die Entlohnung niedriger. Hinzu komme: „Das Einkommensniveau der Künstler im Osten lag im Schnitt immer unter dem in anderen Regionen.“ In Berlin fehlten zudem die großen Mäzene als Nachfrager.

Noch sei die Wirtschaftskrise bei den Künstlern und Kreativen nicht angekommen, sagt Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats. Doch er sieht große Probleme auf Künstler zukommen. In vielen Bereichen sei die öffentliche Hand Auftraggeber. Wenn das Wahljahr vorbei sei und die Milliarden aus den Konjunkturpaketen ausgegeben, „dann wird gerade der Kulturbereich sparen müssen. Das werden die Kreativen deutlich spüren.“ Marco Mundelius vom DIW sieht die Berliner Kreativszene jedoch für die Krise gut gerüstet. Denn sie sei sehr kleinteilig. Kleine Büros, Verlage oder Agenturen könnten aber weit flexibler und schneller auf Krisen reagieren als große Konzerne.

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