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Ende einer Ära. Nicht mehr lange wird der Name Schering das Berliner Werk an der Müllerstraße in Wedding zieren.

© dpa

Berliner Traditionsunternehmen: Bayer streicht die Marke Schering

Vier Jahre nach der Übernahme tilgt Bayer den Namen Schering aus dem Schriftzug seiner Pharmasparte. Berlins Wirtschaftssenator Wolf sieht das gelassen.

Berlin – Es ist die erste spürbare Veränderung, die der seit Oktober amtierende Vorstandschef Marijn Dekkers beim Pharma- und Chemiekonzern Bayer anstößt. Künftig will sich das Unternehmen stärker auf seine Dachmarke Bayer konzentrieren und die Anzahl der Marken im Konzern reduzieren, teilte Dekkers am Montag mit: „Das Bayer-Kreuz ist weltbekannt und hat international einen erstklassigen Ruf, auf den wir künftig noch stärker aufbauen wollen.“ In Berlin fällt dieser neuen Markenstrategie der Name des traditionsreichen Pharmaunternehmens Schering zum Opfer – und mit ihm 155 Jahre Firmengeschichte.

Bayer hatte den Dax-Konzern Schering 2006 für 17 Milliarden Euro übernommen und in „Bayer Schering Pharma“ umbenannt. Sowohl der Standort Berlin als auch der Name waren erhalten geblieben. Auch auf vielen Medikamentenschachteln findet sich heute dieser Schriftzug. „Wir haben unser Portfolio gründlich analysiert und dabei festgestellt, dass die Vielfalt der Marken im Bayer-Konzern zu einer Verwässerung der Dachmarke geführt hat“, erläuterte Dekkers. 20 bis 30 Produktgruppen- und Geschäftsfeldmarken sollen verschwinden, das Pharmageschäft läuft künftig nur noch unter „Bayer Health Care“. Die Änderung soll den Vertrieb erleichtern und die Identifikation der Mitarbeiter mit der Marke stärken, sagte ein Sprecher.

Zunächst verschwindet Schering von Konzerngebäuden, Visitenkarten und aus der Werbung. Ob der Name auch von den Medikamentenschachteln genommen wird, „werde noch intern geklärt“, sagte ein Sprecher. „Für den Kunden ändert sich zunächst einmal nichts.“ Auch dem Standort steht keine Veränderung bevor. „Wir sind auch in Zukunft sehr stark auf unsere Pharma-Aktivitäten fokussiert und damit auch auf Berlin“, erklärte Dekkers.

Vor der Übernahme war Schering das drittgrößte deutsche Pharmaunternehmen. Begonnen hatte es wie viele Pharmafirmen als Apotheke. Ernst Schering gründete 1851 in der Berliner Chausseestraße die „Grüne Apotheke“ und begann kurz darauf mit der industriellen Produktion von pharmazeutischen Chemikalien. 1871 wurde Schering in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. 1961 gelang Schering mit der Einführung der Anti-Baby-Pille in Deutschland einer seiner größten Erfolge.

Der Wegfall des Namens Schering löst bei Wirtschaftsvertretern Bedauern aus. „Schering steht für die große Tradition Berlins als starker Pharmastandort“, sagte Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke). Zwar bedauere er den Wegfall des Markennamens. „An der Wettbewerbsfähigkeit der Berliner Pharmaindustrie wird das aber nichts ändern“, sagte er dem Tagesspiegel. „Wir als Berliner sind natürlich traurig, dass der Traditionsname Schering verschwindet“, sagte auch Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Berlin. An der Bedeutung des Standortes werde das aber nichts ändern. Bayer habe in der Hauptstadt an die Tradition von Schering angeknüpft, sagte Eder. Die Belegschaft reagierte auf die Entscheidung laut dem Betriebsratsvorsitzenden Yüksel Karaaslan mit großer Betroffenheit: „Die Mitarbeiter sind hoch enttäuscht, dass der Name verschwindet.“ Sie hätten erst am Montag davon im Intranet des Konzerns erfahren. „Das ist ein Schlag ins Gesicht für die Belegschaft“, sagte Karaaslan.

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