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Berliner Wirtschaft holt auf: Berlin ist Hauptstadt der Talente

Wegen des qualifizierten Personals geht es mit der Wirtschaft voran. Aber es liegt nicht nur an den Menschen, dass Berlin mehr und mehr zum Hightech-Standort wird, zeigt der neueste Innovationsbericht.

Von so einer Unternehmensgeschichte träumt jeder Wirtschaftspolitiker: Mit Hilfe staatlicher Mittel gab es vor elf Jahren eine Ausgründung aus einem Forschungsinstitut. Die neue Berliner Firma mit dem Namen Acrolinx entwickelt und verkauft Software, mit der Texte bearbeitet werden. Und keineswegs nur in Berlin. 2004 bekommt Acrolinx den ersten Kunden in den USA, 2006 in Japan. Seit kurzem sind die Funktionen Marketing und Vertrieb im Silicon Valley angesiedelt. In Berlin, an der Friedrichstraße, arbeiten 40 der inzwischen weltweit 70 Beschäftigten in der Forschung und Entwicklung. „Ein guter Standort“, sagt Geschäftsführer Ulrich Callmeier. Weil man hier qualifizierte Leute bekommt und weil Förderprogramme für die Entwicklung hilfreich waren.

Texte verbessern - das hört sich nach Rechtschreibprogramm an. Aber Acrolinx ist ein Spezialist für Grammatik, Stil und Terminologie und hat „so gut wie keine Konkurrenz weltweit“ (Callmeier). Am Beispiel IBM erläutert der Geschäftsführer das Geschäft: Wenn der US-Konzern ein neues Produkt auf den Markt bringt, dann verfassen hunderte Autoren dazu aus aller Welt und in den unterschiedlichsten Sprachen Produktbeschreibungen. Damit diese einen einheitlichen Ton bekommen, läuft die Acrolinx-Software darüber.

Eine tolle Sache, findet Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU), die sich am Montag bei acrolinx eingeladen hatte, um dort gemeinsam mit Nicolas Zimmer, dem Vorstandsvorsitzenden der Technologiestiftung Berlin (TSB), den aktuellen Innovationsbericht vorzustellen. Die Botschaft der Senatorin: „Berlin wird mehr und mehr zum Hightech-Standort“. Dafür gibt es einige Belege; aber mindestens ebenso viele gibt es für den Nachholbedarf der Stadt.

Nur Baden-Württemberg ist innovativer

Zwar fließen mit 3,6 Milliarden Euro pro Jahr eine ganze Menge Mittel in FuE, und verglichen mit den anderen Bundesländern ist nur Baden-Württemberg innovativer. Doch von diesen 3,6 Milliarden Euro stammt mit 2,2 Milliarden der mit Abstand größte Teil vom Staat, was in Berlin vor allem mit Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen erklärt wird. In der Wirtschaft werden also nur 1,4 Milliarden Euro für die Zukunft investiert, das entspricht nicht einmal 40 Prozent. Bundesweit liegt dieser Anteil im Schnitt bei knapp 68 Prozent. Hauptursache für diese Schieflage Berlins ist die Wirtschaftsstruktur: Große Industrieunternehmen mit FuE-Abteilungen gibt es kaum in der Stadt. Doch es wird besser, langsam. „Ein Standort wie Berlin kann nicht innerhalb von nur zwei Jahrzehnten an die Wirtschaftskraft von Bayern oder Baden-Württemberg anschließen“, heißt es in dem Bericht der Technologiestiftung über „Berlins Innovationspotenziale und -leistungen im regionalen Vergleich“. Und in den Worten von TSB-Chef Zimmer: „Berlins Wirtschaftskraft entwickelt sich, ist aber nach wie vor unterdurchschnittlich.“

Entscheidend für den Aufholprozess sind die Menschen. Mehr als 53 Prozent der Erwerbstätigen haben in Berlin einen Hochschulabschluss oder eine vergleichbare Qualifikation, „das ist unsere eigentliche Stärke“, meinte Senatorin Yzer. Die entsprechende Quote liegt bundesweit um rund zehn Prozent niedriger. Diesen Vorteil und Vorsprung Berlins erklärt Yzer zum einen mit den Absolventen Berliner Unis und Fachhochschulen sowie zum anderen mit der Anziehungskraft der Stadt, „aus allen Ländern kommen hochqualifizierte Talente“. Damit das so bleibt, plädiert der Bericht für eine „Willkommenskultur und Unterstützungsangebote für Fachkräfte, die in Berlin ankommen“, etwa bei Behördengängen.

Neben dem Personal zählt Zimmer die „junge, innovative Produktpalette, forschungsstarke kleine und mittelgroße Unternehmen“, das Image der Stadt als „Hightech-Gründungsmetropole“ und schließlich das „klare Technologieprofil mit Referenz- und Zukunftsorten“ wie Adlershof oder Buch zu den Stärken des Standorts. Nachholbedarf gibt es unter anderem bei der „Kapitalverfügbarkeit für junge Unternehmen“. Aber auch hier stimmt die Richtung: Rund die Hälfte des bundesweit verfügbaren Wagniskapitals landete 2013 in Berlin.

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