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Mit Hitze gegen Tumore. Andreas Jordan hat eine Krebstherapie mit Nanoteilchen entwickelt, bei der sich Patienten in einen Magnetfeldgenerator legen.

© Doris Spiekermann-Klaas

Berliner Wirtschaft: Wer wagt, gibt Geld

Risikokapital hilft jungen Firmen, innovative Vorhaben umzusetzen – zum Beispiel aus der Gesundheits- oder Solarbranche. Die Mag Force Nanotechnologies AG aus Charlottenburg ist so ein Unternehmen.

Andreas Jordan bekämpft Krebs mit Nanoteilchen: Winzige Eisenpartikel werden in einer Flüssigkeit in Gehirntumore gespritzt und per Magnetfeld erhitzt, was die Zellen schädigt oder sogar abtötet. Mehr als 20 Jahre lang hat Jordan an der Methode geforscht – zuerst in der Charité-Klinik für Strahlentherapie und später als Gründer und Forschungsvorstand der Mag Force Nanotechnologies AG in Charlottenburg (www.magforce.com). Jetzt hat die patentgeschützte „Nanotherm Therapie“ die EU-Zulassung und soll bald in deutschen Kliniken zum Einsatz kommen. Beigetragen zum Erfolg haben wagemutige Geldgeber: „Ohne Risikokapital wäre die Unternehmensgründung nicht möglich gewesen“, sagt Jordan.

Denn bei den Banken haben es Forscher wie er, die innovative Firmen aus den Berliner Unis ausgründen, nicht leicht. Für Kredite fehlen materielle Sicherheiten, und den Wert einer Erfindung oder neuartigen Dienstleistung können die wenigsten Banken einschätzen. Auch eigenes Startkapital ist bei Gründern in allen Branchen typischerweise knapp. Umso wichtiger ist das „Venture Capital“ (VC): Risikokapital-Fonds oder öffentliche Institutionen wie die Beteiligungsgesellschaft der Investitionsbank Berlin (IBB-Bet) werden Teilhaber bei vielversprechenden Start-ups. „Im Fokus stehen wachstumsorientierte Technologieunternehmen“, sagt Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke). Im Mittelpunkt stünden die IT-Branche, Biotechnologie, Medizintechnik und die Pharmaproduktion.

Einen neuen Weg geht die Stiftung Charité, die 2005 von der Unternehmerin und Milliardärin Johanna Quandt aus Bad Homburg ins Leben gerufen wurde. Zusammen mit der Investitionsbank und der Investmentfirma „Peppermint Venture Partners“ als Fondsmanager startet die Stiftung gerade den „Charité Biomedical Fund“: Risikokapital soll in zehn bis 15 Uni-Ausgründungen aus dem Gesundheitsbereich gesteckt werden. Die Firmen müssten nicht zwingend der Charité entstammen, sagt Stiftungsvorstandsmitglied Stephan Gutzeit. Auch ein Engagement über Berlin hinaus sei denkbar.

23,7 Millionen Euro hat der VC-Fonds schon eingesammelt, 40 Millionen Euro sind das Ziel. Die Geldgeber seien selbst Fachleute und Unternehmer aus dem Medizinbereich, die „wissen, was sie tun“, betont Ingeborg Neumann, Gründerin und Chefin der Peppermint Venture Partner GmbH mit Sitz im Neuen Kranzler-Eck. „Es ist kein Fonds für die Oma von nebenan“, stellt auch ihr Geschäftspartner Klaus Stöckemann klar. Er spricht von „intelligentem Kapital“, weil man nicht nur stiller Minderheitsgesellschafter junger Firmen werden wolle, sondern die Gründer beraten und „an die Hand nehmen“ wolle. Mehrere Start-ups sind in der engeren Wahl, Namen nennen die Fondsmanager aber noch nicht.

Am Tumorspezialisten Mag Force hält die Stiftung Charité seit längerem einen kleinen Anteil. Risikokapital sei aber nur eine Möglichkeit der Finanzierung, sagt Firmengründer Jordan. Die „goldenen Zeiten für Venture Capital“ seien vorbei. In einer frühen Unternehmensphase habe sich ein Berliner Fonds „überhoben und mich an den Rand der Insolvenz gebracht“. Zum Retter wurde ein auf Nanotechnik spezialisierter Frankfurter Fonds.

Der Kapitalmarkt „dümpelt vor sich hin“, bedauert Roger Bendisch, Geschäftsführer der IBB-Beteiligungsgesellschaft. Er findet es „ärgerlich, dass Private die Chancen nicht erkennen“, die es zum Beispiel in der Gesundheitsbranche gebe. Die IBB investiert nie allein, sondern sucht sich stets private Partner und konzentriert sich auf die von der Landesregierung ausgewählten „Berliner Kompetenzfelder“. Im Medizinsektor habe man zum Beispiel den Pharmahersteller Jerini „aufgebaut und an die Börse gebracht“, sagt Bendisch. Außerdem geht es unter anderem um die Kreativwirtschaft, die IT-Branche und Umweltschutztechnologien. Zurzeit ist die IBB- Bet an 50 Firmen beteiligt, seit 1997 hat sie mit Partnerfirmen 729 Millionen Euro investiert.

Ein Beispiel aus der Solarbranche ist Sulfurcell. Der Hersteller von Fotovoltaik-Modulen war 2001 aus dem Helmholtz-Zentrum entstanden; 2008 ermöglichte eine Wachstumsfinanzierung den Fabrikneubau in Adlershof. Neben der IBB-Bet war unter anderem Intel Capital, die Beteiligungsgesellschaft des US-Computerchipherstellers Intel, mit im Boot. Wagniskapital kommt oft auch von „Business Angels“ – das Wort steht für erfolgreiche Unternehmer, die ihre Firmen verkauft haben und Start-ups fördern. Als Faustregel gilt übrigens, dass von 100 Unternehmen 20 später pleitegehen und 60 Prozent nur geringe Gewinne abwerfen. Ein Fünftel der Firmen aber wächst so schnell, dass die Kapitalgeber es nach wenigen Jahren verkaufen oder an die Börse bringen können.

Tipps für Gründer gibt es u. a. bei der IHK (www.ihk-berlin.de, Dokumentnr. 56080), der IBB Beteiligungsgesellschaft (www.ibb-bet.de), beim Bundesverband Deutscher Kapitalgesellschaften (www.bvkap.de) und den „Business Angels“ (www.business-angels-berlin.de).

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