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Berliner Börse

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Berliner Börse: Handel ohne Parkett

Die Berliner Börse hat keinen Saal mehr, dafür einen neuen Namen und ein neues Logo.

Das Raumschiff hat abgehoben. Der futuristische Handelssaal der Börse Berlin steht leer. In der Fasanenstraße 85, im Erdgeschoss des Ludwig-Erhard-Hauses, wird nur noch an Computern mit Aktien, Anleihen und Fondsanteilen gehandelt, nicht mehr auf dem Parkett. Ende 2006 wurde der Saal geschlossen, das Inventar bei Ebay versteigert. Erlös: 7100 Euro. Darüber freute sich der Empfänger, das Kindermuseum des FEZ-Berlin. In der Fasanenstraße hingegen fragte man sich, ob nicht die gesamte Börse der Hauptstadt museumsreif ist. Hört man sich bei Berliner Firmen um, die die Börse eigentlich wirtschaftlich tragen, heißt es lapidar: „Das ist nicht unser Spielplatz.“

Doch auf dem Spielplatz ist mehr los, als die Abwicklung des Parketthandels nahelegt. Im Konzert der fünf Regionalbörsen (Berlin, Hamburg/Hannover, Stuttgart, Düsseldorf, München) und im Wettbewerb mit der Frankfurter Börse schlägt sich der Berliner Finanzplatz nicht schlecht – auch ohne Industrie und Bankenszene. In der vergangenen Woche präsentierte der Börsenvorstand ein neues Logo und einen neuen Namen: Aus der Berliner Börse wurde die Börse Berlin. Was wie ein Wortwitz klingt, hat einen ernsten Hintergrund. Bislang führte Berlin den Zusatz Bremen im Börsennamen, weil die beiden Finanzplätze fusioniert waren, um die US-Technologiebörse Nasdaq nach Deutschland zu holen.

Die Kooperation scheiterte. Es blieb der Name, von dem sich Berlin nun befreit hat. Mit der „wiedergewonnenen Klarheit im Namen“, so die Börse, soll nun auch das Image dynamischer werden. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) nimmt das Aufbruchsignal gerne auf. „Für Berlin ist wichtig, dass Börsendienstleistungen weiterhin von hier erbracht werden können, und die heimische Wirtschaft und Kapitalanleger nicht auf ferne Kapitalmärkte beschränkt sind“, sagte er dem Tagesspiegel. Wolf weiß, dass nicht zuletzt das Vermögen der Berliner Börse ein Kapital für die Stadt ist. Auch die Berliner haben als ehemalige Anteilseigner der Frankfurter Börse bei deren Börsengang kräftig mitverdient.

In nicht allzu großer Ferne, dafür aber übermächtig baut die Frankfurter Wertpapierbörse ihre Marktführerschaft beim elektronischen Handel über das Xetra-Computersystem immer weiter aus: Rund 90 Prozent der Börsenumsätze in Deutschland laufen über Xetra. Doch als Spezialisten haben sich die Berliner wie andere Regionalbörsen auch ein eigenes Profil gegeben und bei Anlegern beliebt gemacht. So sind in Berlin mit 16 000 Aktien aus über 60 Ländern so viele Auslandsaktien wie an keiner anderen deutschen Börse notiert. Zudem war die Hauptstadtbörse beim Handel mit Fonds Vorreiter. Anleger können bei knapp 3100 Fonds Gebühren (Ausgabeaufschläge) sparen, die normalerweise ihre Bank kassiert. In Zeiten der Klimadebatte legt der Börsenbetreiber zudem Wert darauf, dass in Berlin fast alle „grünen Fonds“ gehandelt werden. Auch das Orderbuch wurde früher als anderswo im Internet geöffnet. Der Vorteil: Preise und Stückzahlen sind transparent, der Handel mit Wertpapieren für Anleger günstiger.

Was private Anleger schätzen, bereitet der Börse allerdings Kopfschmerzen. Bei dem Versuch, möglichst viele Investoren nach Berlin zu locken, tat die Börse zu viel des Guten. „Leider hat sich beim offenen Orderbuch nicht der erwartete Erfolg eingestellt“, räumt Artur Fischer ein, seit April neben Jörg Walter zweiter Vorstand der Berliner Börse AG. „Mehr Transparenz war richtig, aber sie hat nicht zu höheren Margen geführt – im Gegenteil.“ Fischer, der das Börsengeschäft aus dem Eff-Eff kennt und einer der Erfinder des Deutschen Aktienindex (Dax) ist, will Berlin mit „aggressiverem Marketing“ profitabler machen. Der Wettbewerb werde härter, sagt er. „Wir stehen ja nicht nur in Konkurrenz zu Frankfurt, sondern auch zu Marktteilnehmern, die ihre eigenen Handelssystem anbieten und Funktionen übernehmen, die früher die klassische Börse übernommen hat.“ In dem Bemühen, Anlegern in Berlin den besten Preis zu bieten, setzt Fischer auch auf die Unterstützung der EU und deren Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (Mifid). Sie verpflichtet Banken von Ende 2007 an, Wertpapierorders immer an dem Börsenplatz mit dem besten Preis ausführen zu lassen und dies zu dokumentieren. „Das wird auch für Frankfurt eine Herausforderung“, sagt Fischer. Die Profiteure stehen für den Berliner Börsenvorstand fest: die Regionalbörsen.

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