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© Kai-Uwe Heinrich

Daimler-City: Poker am Potsdamer Platz

Daimler ist unzufrieden mit den Miet- und Arbeitskosten in der Mitte Berlins und bringt eine Verlagerung ins Spiel. Die Spekulationen betreffen den Mercedes-Vertrieb Deutschland, für den am Potsdamer Platz 1.200 Personen arbeiten, sowie die Daimler Financial Services mit rund 500 Beschäftigten.

Berlin - Die Daimler-City am Potsdamer Platz kommt mal wieder ins Gerede. Der Stuttgarter Autokonzern ist unzufrieden mit den Miet- und Arbeitskosten in der Mitte Berlins und bringt eine Verlagerung ins Spiel. Die Spekulationen betreffen den Mercedes-Vertrieb Deutschland, für den am Potsdamer Platz 1200 Personen arbeiten, sowie die Daimler Financial Services mit rund 500 Beschäftigten. Eine Daimler-Sprecherin sagte am Mittwoch: „Unser Mietvertrag läuft bis Ende 2012.“ Hintergrund der Planungen für die Zeit danach ist der Sparkurs in Stuttgart. „Es ist unser Ziel, auch langfristig das Einsparvolumen auf dem Niveau von fünf Milliarden Euro zu halten“, sagte Daimler-Finanzchef Bodo Uebber dem „Handelsblatt“. „Das ist ein anspruchsvolles Ziel, aber wir werden liefern.“

Ebenfalls am Mittwoch befasste sich der Betriebsrat der Vertriebsgesellschaft am Potsdamer Platz mit dem Thema. Die Geschäftsführung hatte das Gremium zu Gesprächen aufgefordert über Arbeitszeit, Entgelte und übertarifliche Leistungen. Die Daimler-Mitarbeiter am Potsdamer Platz werden ebenso wie die Belegschaft im Daimler-Motorenwerk Berlin-Marienfelde nach dem baden-württembergischen Tarifvertrag bezahlt, der als relativ teuer gilt. Bei der IG Metall, in deren Zuständigkeit die Daimler-Unternehmen fallen, hieß es am Mittwoch, man sehe „keine Notwendigkeit, am Tarif zu drehen“. Nach Einschätzung von Betriebsrat und Gewerkschaft baue die Daimler-Führung vielmehr eine Drohkulisse auf, um die Miete am Potsdamer Platz zu senken.

Daimler hatte das Areal 2007 für 1,4 Milliarden Euro an die Immobilientochter der schwedischen Bank SEB verkauft und dann die selbst genutzten Gebäude gemietet. In den 90er Jahren hatte der Konzern den Potsdamer Platz als eines der größten innerstädtischen privaten Projekte Europas für rund zwei Milliarden Euro bebaut. Das Gebiet umfasst insgesamt 500 000 Quadratmeter und besteht aus 19 Gebäuden. Edzard Reuter, dessen Vater Ernst als Regierender Bürgermeister zur Zeit der Berlin-Blockade Geschichte geschrieben hatte, war als damaliger Daimler-Chef eine treibende Kraft hinter der Milliardeninvestition. „Ich bin jedes Mal froh und glücklich, wenn ich über den Potsdamer Platz gehe, dass wir einen Beitrag geleistet haben zur Wiederbelebung der Berliner Mitte“, sagte Reuter am Mittwoch dem Tagesspiegel. Zu möglichen Verlagerungsplänen der aktuellen Konzernspitze wollte sich der frühere Vorstandsvorsitzende nicht äußern.

Gesamtbetriebsratschef: Umzug unsinnig

Dagegen äußerte Erich Klemm, Gesamtbetriebsratschef von Daimler und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender, ein Umzug sei unsinnig. Der Gesamtbetriebsrat sei 1998 gegen den Umzug des Vertriebs gewesen, auch weil der „mit erheblichem Aufwand und enormen Kosten verbunden“ war. „Eine Rückabwicklung wäre aus unserer Sicht ökonomisch völliger Quatsch.“ Dass die Unternehmensführung den Berliner Betriebsräten Forderungen zur Kostensenkung vorgelegt hat, bewertete Klemm als „durchschaubares und unfaires Manöver“. Offenbar werde versucht, „der Berliner Belegschaft Zugeständnisse abzupressen, indem man mit einem Umzug nach Stuttgart droht“, meinte Klemm.

Kenner des Berliner Immobilienmarktes halten einen Umzug von Daimler schon länger für wahrscheinlich, weil der Konzern dem Vernehmen nach mit rund 20 Euro pro Quadratmeter einen relativ hohen Mietpreis am Potsdamer Platz zahlt. Der Gewerbemieten-Durchschnitt liegt in der Hauptstadt derzeit bei zwölf bis 13 Euro. „Seit dem Verkauf der Immobilie an die SEB Bank wird über dieses Thema spekuliert“, sagte Gottfried Kupsch von der gleichnamigen Immobilienfirma dem Tagesspiegel.

Sollten die Financial Services von Daimler tatsächlich aus dem gelb-braunen Hochhaus in der Stadtmitte ausziehen, werde die Suche nach einem Nachmieter „nicht einfach“, glaubt Makler Kupsch. „Da steht kein internationales Unternehmen Schlange.“ Auf dem Gebäude thront immer noch der grüne Würfel der früheren Daimler-Tochter Debis, von der aber nur noch die Financial Services übrig geblieben sind.

Angeblich sollen Immobilienmakler bereits nach Nachmietern für den Fall suchen, dass Daimler das Hochhaus verlässt. Zugleich sondieren offenbar Makler den Berliner Markt, um alternative Standorte für Daimler zu finden. 2007 war Daimler beim Verkauf der Immobilie an SEB von der Investmentbank Merrill Lynch und dem Immobiliendienstleister Angermann begleitet worden.

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