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HEIK AFHELDT trifft …: Schuhputzer R. van der Meer

Einfach glänzend, was dieser „königliche Schuhputzer“, so nennt er sich, aus den überrascht zufriedenen Menschen und ihren Fußkleidern auf seinem schönen hölzernen Thron macht. Den hat er vor sechs Jahren für fast 20 000 Euro bei einem Schreiner im Erzgebirge bauen lassen und dabei selbst mit angefasst.

Einfach glänzend, was dieser „königliche Schuhputzer“, so nennt er sich, aus den überrascht zufriedenen Menschen und ihren Fußkleidern auf seinem schönen hölzernen Thron macht. Den hat er vor sechs Jahren für fast 20 000 Euro bei einem Schreiner im Erzgebirge bauen lassen und dabei selbst mit angefasst. Bei mir war es nur einfache „Schwarzarbeit“, so kalauert er, während er Creme und Bürste arbeiten lässt. Am liebsten poliert der wortwitzige Mann mit der braunen Lederschürze Schuhe mit verschiedenfarbigem Leder. Da kommen seine zwölf Wachsdosen, die diversen Reiniger und die vielen Bürsten zum Großeinsatz.

Schuhe putzen, das musste der älteste Sohn eines Landwirts und einer Mutter, die mit fünf Kindern noch an der Arbeiter- und Bauernfakultät in Potsdam studierte, schon im Kinderheim. Wer es nicht ordentlich genug gemacht hatte, musste die ganze Prozedur inklusive der eigenen „Säuberung“ unter kaltem Wasser wiederholen. Das hat er nicht vergessen.

Vor seinem heutigen Beruf lag ein bunter Lebenslauf. Koch wollte er werden, durfte es aber nicht. Am Beginn deshalb eine Lehre und Anstellung als Installateur im Wohnungsbaukombinat Potsdam. Dazwischen Wehrdienst bei der NVA, dann Betriebshandwerker im Bezirkskrankenhaus Babelsberg – dort ist er auch seiner Frau begegnet – und in einer Obst-LPG in Fahrland. Dann fünf Jahre beim DRK als Krankentransporteur und Rettungssanitäter. Nach nochmals sechs Jahren als Installateur kam die Wende auch in seinem Leben. Er machte sich selbstständig und wurde durch Zufall „Chauffeur-Butler-Sekretär in guten hochherrschaftlichen Häusern in Österreich“. An der Potsdamer Akademie für Personenschutz machte er sich auch darin kundig. Beim Jungunternehmer Lars Windhorst bekam er 2002 den Job als Vorstandschauffeur und Privatbutler. Aber schon im Herbst 2003 blies diesem jungen Stern der Wind kräftig ins Gesicht und der Traum für ihn und seinen Butler war ausgeträumt. Es folgten fast drei quälende Jahre Arbeitssuche mit Dutzenden Bewerbungen.

Schließlich durfte er für 400 Euro im Monat für eine Berliner Schuhputzfirma schuften. Das war’s nicht auf Dauer. Seitdem ist er mit seinem edlen Thron und schönen Transportkisten unterwegs bei Volksfesten, Firmenevents, Hochzeiten und Golfturnieren. 420 Euro am Tag kostet er, Reisekosten und Unterkunft extra. Im Durchschnitt ist er fünf Tage im Monat gebucht, mit Hochs im Januar und ruhigen Wochen im Juli und August. Viele interessante Jobs kann er nennen, gerade neulich eine Veranstaltung in den Ministergärten, bei der er für die TV-Reihe „Außenseiter – Spitzenreiter“ gefilmt wurde. Und dann steht, verrät er stolz, demnächst der Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde bevor.

Welch ein beeindruckender Mensch, der sich und uns zeigt, wie viel Spaß und Freude eine so archaische Dienstleistung bereiten kann!

Heik Afheldt war Herausgeber des

Tagesspiegels.

Rudolf van der Meer (57) ist Schuhputzer, gelernter Installateur für Gas und Wasser und war als Chauffeur und Butler tätig. Unter www.schuhputzer-

potsdam.de präsentiert er sich online.

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