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Industrie-Chef Pörner: "Die Eisenbahn erlebt eine Renaissance"

Über die Perspektiven der Bahnindustrie in Berlin und Brandenburg spricht Industrie-Chef Ronal Pörner. Und darüber ob Berlins Bahnindustrie untrennbar mit der S-Bahn-Krise verbunden ist.

Herr Pörner, warum ist die Bahnindustrie in Berlin und Brandenburg so wichtig?

Die Branche hat hier eine lange Tradition. Im 19. Jahrhundert waren Berlin und Brandenburg ein Zentrum des Lokomotivbaus, denken Sie an die Borsigwerke, die einst zweitgrößte Lokomotivfabrik der Welt. In Deutschland ist nur Nordrhein-Westfalen ähnlich bedeutend. Rund 30 Spitzenfirmen sind hier - Bombardier, Stadler, Siemens Mobility, aber auch renommierte Mittelständler. Hinzu kommen die großen Verkehrsanbieter - BVG, Deutsche Bahn, S-Bahn Berlin, Veolia, Keolis.

Sind die Folgen der Teilung überwunden?

Die Unternehmen der Bahnindustrie haben sich nach der Wende konsolidiert. Dieser Prozess ist seit langem abgeschlossen, weil umweltfreundliche Mobilität und damit der Schienenverkehr immer mehr an Bedeutung gewinnen. Industriell hat sich die Region bis heute zu einem führenden Entwicklungs- und Fertigungsstandort für Bahntechnik entwickelt: Die Bahnindustrie beschäftigt hier 7000 Menschen und erreicht einen Umsatz von etwa 1,5 Milliarden Euro. Zahlreiche Hochschulen und Forschungseinrichtungen begünstigen Berlin-Brandenburg als Metropole für Bahntechnologie der Zukunft.

Berlins Bahnindustrie ist zugleich untrennbar mit der S-Bahn-Krise verbunden.

"Untrennbar" ist die Bahnindustrie sicher nicht mit den S-Bahn-Schwierigkeiten verbunden, weil zur soliden Fertigung von Zügen auch immer deren Wartung und Instandhaltung gehört. Auch sind nicht alle Unternehmen der Branche direkt betroffen. Den Schaden haben alle Beteiligten und das Ansehen des Schienenverkehrs insgesamt. Diese Entwicklung beobachten auch die Kunden der heimischen Bahnindustrie im Ausland und stellen sich die eine oder andere Frage. Doch im Moment sieht es so aus, als bessere sich die Lage zusehends.

Was lernt die Industrie aus dem Problem?

Kunden und Hersteller müssen enger zusammenarbeiten, von Beginn der Entwicklung an. Es kommt darauf an, Risiken frühzeitig zu erkennen, damit das Produkt pünktlich geliefert werden kann. Weiterhin müssen Informationen aus dem Betriebsalltag von Zügen regelmäßig an die Hersteller zurückgespiegelt werden. Wir sprechen darüber derzeit mit den Bahnen.

Wie sind die Perspektiven?

Bis 2016 erwarten wir einen Boom bei Regionaltriebzügen. In Deutschland werden zahlreiche Strecken neu vergeben. Davon profitieren sowohl Zughersteller als auch mittelständische Zulieferer, die Auftragsbücher füllen sich. Wir erwarten pro Jahr eine Nachfrage von rund 200 Zügen, nicht eingerechnet die möglichen neuen Züge für die Berliner S-Bahn. Im Bereich Infrastruktur hoffen wir, dass die Netzsparte der Bahn endlich mehr Geld für Strecken und Signale ausgibt.

Wird es Neueinstellungen geben?

Auf jeden Fall wird es keine Entlassungen geben. Wie das Beispiel Stadler in Berlin und Brandenburg zeigt, führt die Renaissance der Eisenbahn sogar zu Neueinstellungen. Das wird sich auch positiv auf die Zulieferer auswirken.

Ronald Pörner leitet den Verband der Bahnindustrie in Deutschland. In ihm haben sich 143 Unternehmen der Branche zusammengeschlossen. Das Gespräch führte Carsten Brönstrup.

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