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Konjunkturpaket: Berliner Handwerk ohne goldenen Boden

Das Berliner Handwerk kritisiert die Banken und merkt noch nicht viel vom Konjunkturpaket.

Berlin - Auch in der Krise fordert das Berliner Handwerk keine Almosen. „Wir schreien nicht nach Subventionen“, sagt Kammerpräsident Stephan Schwarz und stützt sich dabei auf eine Umfrage unter den Mitgliedsfirmen: Nur rund jedes dritte Unternehmen wünscht sich direkte staatliche Hilfen. Weit höher im Kurs liegen eine Entlastung von Unternehmen und Privathaushalten, Bildung und ein besserer Zugang zu Krediten.

Was die Entlastung von Steuern und Abgaben angeht, macht sich Schwarz keine Illusionen. Aber ein kleines Beispiel bringt er vor: Seit Anfang 2006 sind die Beiträge für die Sozialversicherung nicht mehr am 15. des Folgemonats fällig, sondern bereits am Monatsende. Dadurch haben die Arbeitgeber in jenem Jahr 13 Monatsbeiträge abgeführt. „Das macht in meinem Unternehmen allein eine Million Euro aus. Diese Liquidität habe ich bis heute nicht zurückbekommen“, sagt er über seine GRG Services Group, einen Spezialisten für Gebäudereinigung mit 3000 Beschäftigten. Wenn man da nun einfach wieder den alten Termin nähme ... Aber da muss er selber schmunzeln: Das wird wohl nichts.

Liquidität ist derzeit das Wichtigste in der Branche, noch vor Rentabilität und Umsatz. Und deswegen tun die schlechten Kreditkonditionen weh. „Die Finanzkrise hat im Berliner Handwerk deutliche Spuren hinterlassen“, berichtet Schwarz. Fast zwei Drittel der gut 700 Betriebe, die sich an der Umfrage beteiligt haben, berichten über verschlechterte Kreditbedingungen. Am schwersten haben es demnach die Betriebe, die bei einer privaten Geschäftsbank sind. Etwas leichter tut man sich bei Genossenschaftsbanken, und am besten scheinen die Betriebe zu fahren, die bei der Berliner Sparkasse sind: Dort klagt nur jeder zweite Betrieb über schlechtere Kreditbedingungen.

Von einer Kreditklemme spricht Schwarz dennoch nicht. „Es liegt ja nicht an fehlender Liquidität. Die Banken haben kein Problem mit der Refinanzierung“, sagt er. Die Bonität der Betriebe werde in der Krise eben kritischer geprüft, und dagegen könne man im Grundsatz auch wenig sagen. „Aber wir erleben eine Überreaktion. Manche Bank ist jetzt einfach zu vorsichtig.“ Nützlicher als staatliche Globaldarlehen seien Bürgschaften, um Warenkreditversicherungen wieder zu ermöglichen.

Vom Konjunkturpaket hat das Handwerk noch nicht viel gespürt. Bis Ende Oktober sollen in Berlin 40 Prozent der zur Verfügung stehenden 632 Millionen Euro ausgegeben sein. „Es ist noch machbar. Aber es ist ein verdammt ehrgeiziges Ziel“, sagt Schwarz. „Beim Handwerk kommt bisher so gut wie nichts an.“ Trotzdem herrscht nicht die schlechteste Stimmung – weil es schon schlimmere Zeiten gab. Nach dem Wendeboom schrumpfte die Branche binnen weniger Jahre von 250 000 auf 190 000 Beschäftigte. „Das Berliner Handwerk kann mit der Krise umgehen. Wir haben das gelernt“, sagt Schwarz. Moritz Döbler

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