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Partnerschaft: Hochzeitsmarsch für die Musikbranche

Sony Music freut sich über den Einstieg bei der Klassiksparte der Berliner Deag. Live-Konzerte sind die Zukunft der Musikbranche.

Berlin - Streng blickt Wilhelm II. von der Leinwand hinab auf die drei Manager, die zu seinen Füßen in schwarzen Ledersesseln Platz genommen haben: Im Kaisersaal des Sony Centers gibt ein blendend gelaunter Peter Schwenkow Details seines jüngsten Deals bekannt. In den fünf Jahren, seit er seine Deutsche Entertainment AG (Deag) strategisch vom Pop- und Rock-Geschäft auf die Veranstaltung von Klassik-Konzerten neu ausgerichtet hat, ist sein Unternehmen so wertvoll geworden, dass sich ein „super brand“ bei ihm einkauft: Wie berichtet, hält Sony Music seit Dienstag 49 Prozent an der Klassiksparte der Berliner Deag.

Welchen Stellenwert der Konzern der Partnerschaft beimisst, zeigt sich daran, dass Rolf Schmidt-Holtz, der Chef von Sony Music Entertainment, für die Pressekonferenz direkt von der Trauerfeier für Michael Jackson in Los Angeles nach Berlin aufgebrochen ist. Sony, als Pionier der CD einst eng mit Herbert von Karajan verbunden, will künftig im Klassik-Sektor wieder ganz vorne mitspielen – und schafft dafür auch Arbeitsplätze in Berlin: Ab September wird die internationale Repertoirezentrale Klassik mit zunächst rund 13 Mitarbeitern von hier aus operieren. Konkrete Projekte sind noch nicht spruchreif, aber wenn Bogdan Roscic, Präsident Sony Classical, betont, dass man dank der Partnerschaft künftig bei allen Künstlern, die man unter Vertrag nimmt, ab dem ersten Tag auch „die Live-Komponente“ berücksichtigen könne, zeigt, dass es vor allem um das Marktpotenzial eines Rundum-Marketings geht.

Für Sony Music könnte sich eine Kooperation mit der Deag auszahlen. Live-Konzerte werden für die Branche immer wichtiger, da die Umsätze mit Tonträgern seit Jahren sinken. Bei der Vermarktung von Klassik-Konzerten gelten die Berliner als Marktführer in Europa. „Dieser Markt ist bisher sehr kleinteilig organisiert, mit vielen lokalen Größen“, sagt ein Musikmarkt-Analyst. Hier bringe die Deag viel Erfahrung mit, von der Sony profitieren könnte. Allerdings betreut die Deag zurzeit auch die Konzerte viele Künstler, die bei Sony-Konkurrenten wie Universal unter Vertrag sind.

„Die Vereinbarung kann der Deag einen Schub geben, da Sony Music ein internationaler, starker Partner ist“, sagt Michael Kunert von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. Aber er bleibt vorsichtig: „Wir haben bei der Deag in der Vergangenheit viele Umstrukturierungen erlebt. Leider ging es mit dem Kurs dennoch immer weiter bergab. Anleger sollten abwarten, ob sich der Deal mit Sony wirklich bezahlt macht.“ Der Deag-Kurs lag 2005 bei knapp drei Euro, zwischenzeitlich sank er auf unter 30 Cent. Zum Börsenschluss am Mittwoch notierte die Aktie bei 1,13 Euro.

Frederik Hanssen/Alexander Visser

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