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Wachschutz: Sicherheit zahlt sich aus

Wachschutzfirmen freuen sich über steigende Umsätze. Doch bei den Löhnen sparen sie noch immer.

Als die Agentur für Arbeit vor wenigen Tagen eine Jobmesse für die „O2-World“ veranstaltete, die im September in Friedrichshain öffnet, füllten mehr als 500 Jobsuchende die Bewerbungsbögen des Veranstaltungsdienstleisters B.E.S.T. aus. Das Unternehmen sucht ständig freie Mitarbeiter, aktuell rund 300, und 100 zur Festanstellung – 35 bis 40 davon für den Objektschutz an der neuen Arena. Die langen Schlangen vor dem Jobcenter in der Friedrichstraße zeigten erneut, dass das Security-Geschäft eine Wachstumsbranche ist.

Mit zwei bis drei Prozent pro Jahr ist das Wachstum nicht groß, aber stabil. Im vorigen Jahr waren laut Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen (BDWS) bundesweit 173 000 Menschen in 3500 Wach- und Sicherheitsunternehmen beschäftigt; das sind rund 50 000 Mitarbeiter und 15 000 Firmen mehr als 1997. Die Branche machte 2007 einen Umsatz von 4,5 Milliarden Euro. In Berlin gibt es 132 Firmen, darunter viele Ein-Mann-Unternehmen, deren 11 800 Mitarbeiter Schwimmbäder und Schulen bewachen, Politiker schützen oder bei Großveranstaltungen die Taschen der Besucher kontrollieren. Mitarbeiter der Dussmann-Gruppe behüten auch Exponate in staatlichen Museen oder sind – in der mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten gegründeten Firma „Friedericus“ – in denkmalgeschützten Grünanlagen wie dem Schlosspark Charlottenburg unterwegs.

Die steigende Nachfrage erklärt Sabine Gehrig von der Industrie- und Handelskammer mit der „Sensibilität“ nach dem 11. September 2001. Seit den Anschlägen in den USA gebe ein Bedürfnis nach mehr Sicherheit. Zuvor hatte bereits die deutsche Einheit eine Goldgräberstimmung im Sicherheitssektor ausgelöst, der in den neuen Bundesländern erst aufgebaut werden musste.

Firmengründer müssen ihre Zuverlässigkeit nachweisen, etwa durch ein polizeiliches Führungszeugnis und einen Schufa-Auszug. Eine Haftpflichtversicherung und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sind Grundvoraussetzungen. Außerdem berechtigt erst die erfolgreiche Teilnahme an einem 80-stündigen Unterricht oder – als höher qualifizierende Maßnahme – eine Sachkundeprüfung der IHK zur Gewerbeausübung.

Dennoch sei es schwierig, die Qualität einer Firma zu messen, sagt der stellvertretende BDWS-Geschäftsführer Martin Hildebrandt. „Qualität ist, wenn nichts passiert.“ Der kluge Sicherheitsmann baut vor: B.E.S.T. etwa bietet Kurse in Brandschutz, Erstrettung und Deeskalation im eigenen Schulungszentrum an. Hier werden auch, zusammen mit der IHK, die Prüfungen abgenommen.

Mayk Kallbach, Inhaber der Sicherheitsfirma Berlin Security, hat 20 Jahre Erfahrung in Spezialeinheiten der Polizei und nutzt seine alten Behördenkontakte für die Weiterqualifikation seiner Mitarbeiter. Personenschutz, Waffensachkunde und Schlagstockbenutzung können seine Angestellten in der Firma lernen. Im Herbst und Winter, wenn weniger zu tun ist, nutzt Kallbach ein Projekt der Arbeitsagentur, das seinen Leuten Weiterbildungen bezahlt und sie trotzdem im Bestand der Firma belässt.

Viel Geld verdienen Sicherheitsleute nicht. Aktuell gilt in Berlin und Brandenburg ein tariflicher Stundenlohn von 5,25 Euro für einfache Tätigkeiten im Objektschutz und Veranstaltungsdienst. Besser ausgebildete Personenschützer verdienen bis zu 10,73 Euro. Ab September sieht ein neuer Tarifvertrag eine Spanne von 5,50 Euro bis 12,96 Euro vor. In den meisten östlichen Bundesländern würden sogar nur 4,40 Euro gezahlt, sagt Andreas Sander, Fachbereichsleiter für „besondere Dienstleistungen“ bei der Gewerkschaft Verdi in Berlin. „Davon kann man nicht leben.“ Viele Wachschützer seien auf Zuwendungen vom Arbeitsamt angewiesen. Verdi fordert einen Mindestlohn von 7,50 Euro.

Die Zeiten, in denen die Branche viele ehemalige Stasimitarbeiter beschäftigte und so in einen schlechten Ruf geriet, sind laut Sander weitgehend vorbei. „Das hat sich praktisch erledigt, die Firmen haben sehr viele neue Leute eingestellt.“

Laut Berlin-Security-Chef Kallbach beschäftigen manche Mitbewerber aber ungenügend ausgebildete Kräfte und bezahlen unter Tarif. Das drücke die Preise. Namen nennt Kallbach ebenso wenig wie Martin Hildebrandt vom BDWS. Auf dessen Schreibtisch liegen zwei aktuelle Fälle aus anderen Städten. In Berlin sei ihm seit drei Jahren kein Fall mehr bekannt, sagt Hildebrandt. Tarifsündern droht meist nur eine Geschäftsprüfung und höchstens noch eine Nachzahlung an die Sozialversicherungsträger, denen durch Niedriglöhne Beiträge entgehen.

Dabei ist auch im Sicherheitsgewerbe Qualität eine Frage des Preises. B.E.S.T. zahlt nach eigenen Angaben „übertariflich“. Berlin Security beteiligt sich nicht mehr an Ausschreibungen, die den Zuschlag vor allem vom Preis abhängig machen. Er wolle sein Personal motivieren und gute Leute an die Firma binden, sagt Kallbach. Und das gehe eben nicht zuletzt übers Geld.

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