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Wirtschaft: Berliner Wirtschaftspolitik: "Es werden weitere Unternehmen nach Berlin kommen" - Die Wirtschaftssenatorin im Interview

Juliane Freifrau von Friesen (51) wurde von Bündnis 90/Die Grünen als Wirtschaftssenatorin nominiert. Die parteilose Juristin war bislang nicht in der Politik tätig.

Juliane Freifrau von Friesen (51) wurde von Bündnis 90/Die Grünen als Wirtschaftssenatorin nominiert. Die parteilose Juristin war bislang nicht in der Politik tätig. Nach dem Studium an der FU arbeitete von Friesen in der Personalabteilung des Aufzugherstellers Otis. 1992 wechselte sie zur Veag in die Stabsabteilung Führungskräfte.

Freifrau von Friesen, was macht eine gute Wirtschaftssenatorin aus?

Ich hatte keine Gelegenheit, mir viel Gedanken über das ideale Anforderungsprofil zu machen. Zwischen der Anfrage, ob ich das machen wolle, und der Wahl zur Senatorin lagen rund 45 Minuten.

Sie haben zugesagt, weil Sie Macht wollen?

Im Verlauf meiner Karriere habe ich immer wieder betont, dass Frauen Macht haben müssen. Aber sie müssen sie auch haben wollen und sie müssen sich auf Führungspositionen einlassen. Deshalb habe ich sehr schnell zugesagt.

Was qualifiziert Sie für diese Position?

Das müssen Sie die fragen, die mich ausgewählt haben. Ich denke aber, dass ich ausreichend Kenntnisse aus der Wirtschaft mitbringe. Ich weiß, wie die Unternehmen ticken, was sie wollen und wo die Sensibilitäten liegen.

Machen Sie etwas anders als Ihr Vorgänger?

Zum Thema Online Spezial: Berlin vor der Wahl Wir werden die Wirtschaftspolitik nicht neu erfinden. In einigen Punkten wollen wir aber andere Akzente setzen. Zum Beispiel bei der Förderung von Umwelttechnik. In diesem Bereich arbeiten 1,3 Millionen Menschen - mit steigender Tendenz. Das ist ein zukunftsträchtiges Feld, auf dem wir stärker werden wollen. Wir werden vernünftige Ansiedlungsbedingungen anbieten.

Wie denn?

Indem wir den Firmen helfen, Grundstücke zu finden, und eine gute Infrastruktur, soweit sie nicht vorhanden ist, schaffen.

Was kann Berlin besser als etwa München oder Hamburg?

Berlin ist Stadt des Wissens. Wir haben eine hervorragende Anbindung an Hochschulen und andere Forschungseinrichtungen. Das ist in Deutschland einzigartig. Auch der Unternehmergeist in der Stadt entwickelt sich: Es ist enorm, was wir an Existenzgründungen aus den Universitäten heraus haben. Wir haben übrigens auch einmalige Schulmöglichkeiten. Es gibt in keiner Stadt so viele zweisprachige Grundschulen wie in Berlin. Das sind alles Faktoren, die Investitionen beeinflussen. Und schließlich gibt es in Berlin bezahlbare, vernünftige Wohnungen - anders als in München oder Hamburg.

Wie wichtig wäre ein Bundesland Berlin-Brandenburg?

Ich persönlich bin dafür, aber ich mache mir keine Illusionen. Wir müssen den Menschen erstmal zeigen, dass beide Länder zusammenarbeiten können. Und dabei kann man vielleicht auch mal auf das ein oder andere verzichten. Zum Beispiel auf eine Lottogesellschaft oder eine Rundfunkgesellschaft.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit ihrem brandenburgischen Kollegen Fürniß?

Wir hatten den ersten Kontakt im Zusammenhang mit der befürchteten Schließung des Adtranz-Werkes in Hennigsdorf mit 2500 Arbeitskräften. Im Moment sieht es so aus, als würde ein Großauftrag der Bahn das Werk retten.

Können Sie unternehmerische Entscheidungen beeinflussen?

Mit unseren bescheidenen Mitteln ist da nicht viel möglich. Aber es gab zum Beispiel einen Fall, wo wir dem Unternehmen die Umwidmung eines eigentlich der Industrie vorbehaltenen Grundstücks für den Erhalt der Arbeitsplätze angeboten haben. So etwas kann Politik leisten.

Wäre die Musikfirma Universal ohne die Fördermillionen der Steuerzahler von Hamburg nach Berlin gezogen?

Geld ist da nicht das entscheidende, sondern ein Entscheidungskriterium. Universal verspricht sich etwas von dem innovativen Klima in Berlin. Und in dem Bereich Medien und Film gibt es auch Signale, dass weitere Firmen nach Berlin wollen. Weil hier eine hochkreative Atmosphäre ist. Und solche Unternehmen und die Menschen in den Unternehmen ziehen andere nach. Deshalb werden auch weitere Werbefirmen nach Berlin kommen.

Wie geht es weiter mit der Bankgesellschaft. Braucht Berlin eine Bank?

Die Frage stellt sich so nicht. Wir haben die Bankgesellschaft nun mal, und jetzt gilt es, ein tragfähiges Konzept für die Zukunft zu entwickeln. Das schließt nicht die Veräußerung von Anteilen aus, aber soweit sind wir noch nicht. Ich warne vor Schnellschüssen, keinesfalls darf es einen übereilten Verkauf von besonders attraktiven Teilen der Bankgesellschaft geben. Die Landesbank mit den Sparkassen sollten beim Land bleiben. Grundsätzlich muss man bei Privatisierungen abwägen, ob man verkauft oder die Beteiligungen behält, weil sie Gewinn abwerfen.

Kennen Sie ein Landesunternehmen, das Gewinn abwirft?

An großen Beteiligungen haben wir außer der BVG ja noch die Wasserbetriebe, die Stadtreinigung und die Behala (Berliner Hafen- und Lagerhausbetriebe). Die Behala hat zum Beispiel gute Chancen, in absehbarer Zeit profitabel zu arbeiten.

Falls Sie über den Herbst hinaus als Wirtschaftssenatorin tätig sein sollten: Was wären Ihre mittelfristigen Ziele?

Arbeitsplätze, Arbeitsplätze, Arbeitsplätze.

Und das funktioniert auch mit einer Regierungsbeteiligung der PDS?

Ich bin fest davon überzeugt, dass sich ein Unternehmer bei seinen Entscheidungen nicht von eventuellen politischen Konstellationen beeinflussen lässt.

Freifrau von Friesen[was macht eine gute Wirtscha]

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