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Wirtschaft: Berlins Statthalter der Bundesbank

Der Mann ist nicht gerade so, wie man sich einen Vertreter der noblen Bundesbank im allgemeinen vorstellt: aufs Äußerste verschwiegen, betont zurückhaltend, bierernst und vielleicht auch noch dunkel gekleidet.Das Jackett läßt der 55jährige Klaus-Dieter Kühbacher schon mal gern auf dem Bügel, seine Gesprächspartner begrüßt er ganz zwanglos ohne Krawatte - und je nach Jahreszeit auf der Dachterasse vor seinem Büro am Steinplatz.

Der Mann ist nicht gerade so, wie man sich einen Vertreter der noblen Bundesbank im allgemeinen vorstellt: aufs Äußerste verschwiegen, betont zurückhaltend, bierernst und vielleicht auch noch dunkel gekleidet.Das Jackett läßt der 55jährige Klaus-Dieter Kühbacher schon mal gern auf dem Bügel, seine Gesprächspartner begrüßt er ganz zwanglos ohne Krawatte - und je nach Jahreszeit auf der Dachterasse vor seinem Büro am Steinplatz.Kühbacher redet ausgesprochen gern, ist ein beliebter Redner, der keine Sekunde am Manuskript klebt und gern mal einen Witz macht.Man würde nicht so schnell darauf kommen, daß dieser Mann, Sozialdemokrat und nach der Wende Finanzminister in Potsdam, Statthalter der Deutschen Bundesbank ist - eben Präsident der Landeszentralbank in Berlin und Brandenburg.

Nun sind die meisten der neun Landesfürsten, die sich den Platz im Zentralbankrat der Bundesbank mit den acht Direktoriumsmitgliedern teilen, von Haus aus keine gelernten Geldpolitiker.Auf den eher ruhigen Posten der Bundesbank finden sich mehr ehemalige Staatsbeamte und Professoren als Banker oder Volkswirte - von Frauen übrigens keine Spur.So gesehen entspricht der offene und umgängliche Kühbacher zwar nicht ganz dem üblichen Klischee, doch paßt er andererseits wiederum ins Schema.Ein Freund der Sozialdemokraten, Dieter Hiss, ging - ein andere Sozialdemokrat kam.Die Landesregierungen in Berlin und Potsdam haben sich 1995 eben nach gängigem Muster für den Zentralbanker entschieden.

Ein auf acht Jahre festgeschriebener Vertrag verpflichtet Kühbacher, sich bis zum Jahr 2003 um die Belange der Region zu kümmern.Im Klartext heißt das auch Abschied nehmen.Nicht nur persönlich.Denn über den Sinn und Zweck der neun - mit bislang insgesamt gut 13 000 Beschäftigten üppig ausgestatteten - Landeszentralbanken in der Währungsunion läßt sich trefflich streiten.In der Übergangszeit, bis mit Euro und Cent auch in barer Münze bezahlt werden kann, werden die Zentralbanken in den Ländern mit der Geldumstellung alle Hände voll zu tun haben.Aber dann?

Kühbacher denkt dabei weniger an übermorgen als an morgen.Wie er das Problem schultert? Mit viel Engagement.Es geht ihm nicht ums Repräsentieren.Parteipolitik hat er sich zwar strengstens verboten.Doch wird er kaum über seinen eigenen Schatten springen, wenn es vom kommenden Jahr an heißt, mit Rat und Tat dem Bundesbankpräsidenten als Mitglied des Europäischen Zentralbankrates beratend zur Seite zu stehen.Was auf übergeordneter Ebene am Ende von diesen Ratschlägen ankommt, hängt allerdings auch davon ab, wer nach der Ära Tietmeyer auf dem Chefstuhl der Frankfurter Behörde sitzt.Und das wird nach dem Bonner Regierungswechsel im September wohl nicht mehr Ex-Finanzsstaatssekretär Jürgen Stark von der CDU sein.Selbstverständlich wird die Bundesregierung einen aus den eigenen Reihen berufen: entweder Ernst Welteke von der hessischen Landeszentralbank oder Edgar Meister, Bundesbank-Direktoriumsmitglied, hört man.In Kühbachers regionaler Behörde arbeiten zur Zeit 763 Personen - deutlich weniger als noch vor einigen Jahren.Auch hier wird abgebaut.Die Landeszentralbank ist sozusagen der lange Arm der Bundesbank, die die Arbeit der obersten Währungsbehörde ausführt.Dazu zählt etwa die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, die Kontoführung der Banken, aber auch die Ausschreibung von sogenannten Wertpapierpensionsgeschäften - also die Versorgung der Institute mit Liquidität, die Kontrolle des Geldes und im Verbund mit dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen die Aufsicht über die Banken.So ist es und so wird es auch bleiben, wennn Anfang 1999 die Bundesbank mit ihren Landeszentralbanken im Schlepptau in das System der Europäischen Zentralbanken eingebunden wird, zeigt sich Kühbacher überzeugt.Immerhin ließ die jüngste Reform des Bundesbankgesetzes die Struktur der Landeszentralbanken unangetastet.Ein Freibrief auf Dauer ist das freilich nicht.Im Gegenteil.Die Wiederbelebung der Debatte über eine Länderneuordnung wird früher oder später auch die Diskussion über eine weitere Zusammenlegung der Landeszentralbanken befördern.Bereits im Zuge der Einheit hat man sich - losgelöst von der traditionell starken Position der Landeszentralbanken - vom ungeschriebenen Gesetz "ein Land, eine Landeszentralbank" verabschiedet.

Neben Berlin, das mit Brandenburg zu einem Aufgabengebiet vereint wurde, sind auch Bremen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt zusammengerückt.Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein bilden eine Einheit, Rheinland-Pfalz mit dem Saarland sowie Sachsen mit Thüringen.Allein regieren lediglich noch Baden-Württemberg, die Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen.Die Frage freilich ist offen, ob und wie die Landeszentralbanken in Euroland überleben werden.Nicht zuletzt mit Rücksicht auf die Mitarbeiter aber bleibt das Thema bis zum Jahr 2002, wenn der Euro die Portemonnaies der Bürger füllt, gut verpackt in der Wiedervorlage.

MARTINA OHM

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