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Wirtschaft: Bertelsmann organisiert das Dosenpfand

Finanztochter des Medienkonzerns soll ab Oktober Verrechnung der Pfandbeträge übernehmen

Berlin (vis). Der Medienkonzern Bertelsmann soll künftig dafür sorgen, dass die Einnahmen und Ausgaben aus dem Dosenpfand richtig verrechnet werden. In dem seit März laufenden Auswahlverfahren für den Betreiber einer Clearingstelle (siehe Lexikon) des Pfandsystems habe die zur Bertelsmann Gruppe gehörende BFS Finance Group den Zuschlag erhalten, teilte die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) am Dienstag mit. Die BVE hat federführend für Handel und Industrie nach einem Betreiber für die Verrechnungsstelle gesucht. Dies sei in enger Abstimmung mit dem Bundeskartellamt geschehen. Das Bundesumweltministerium begrüßte die Entscheidung: „Damit ist die Wirtschaft in ihrer Verpflichtung, bis zum 1. Oktober ein bundeseinheitliches Pfandsystem aufzubauen, einen wichtigen Schritt vorangekommen.“

Vorausgegangen ist dieser Entscheidung ein monatelanger Streit. Zunächst hatte sich der Handel dagegen gewehrt, überhaupt ein Pfandsystem für Einwegverpackungen einführen zu müssen – und verlor seinen Kampf gegen Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) am Ende vor dem Bundesverwaltungsgericht. Nun besteht die Pfandpflicht eigentlich seit dem 1. Januar. Doch bisher gibt es kein einheitliches Rücknahmesystem. Die Folge: Heute müssen Kunden Dosen und andere Einwegverpackungen in den Geschäften zurückgeben, wo sie sie gekauft haben. Das soll sich spätestens zum 1. Oktober ändern. Bis dahin hat der Bundesumweltminister Handel und Industrie Zeit gegeben.

Der nächste Streit entbrannte bei der Frage, wer die Clearingstelle für das Pfandsystem betreiben soll. Aufgabe der Stelle ist es, für den finanziellen Ausgleich zwischen den Unternehmen zu sorgen, die am System beteiligt sind. Dabei geht es sowohl um die Pfandbeträge als auch um die Kosten für die Rücknahme der Dosen und Einwegflaschen. Bei rund 14 Milliarden Einweggetränkeverpackungen, die in Deutschland pro Jahr im Umlauf sind, liegt das Pfandvolumen immerhin bei geschätzten fünf Milliarden Euro. Aus dem umlaufenden Geld soll sich die Clearingstelle selbst finanzieren.

Ursprünglich wollte der Handel das Duale System Deutschland mit dem Clearing beauftragen. Das Bundeskartellamt hatte jedoch wettbewerbsrechtliche Bedenken gegen die Art der Auftragsvergabe angemeldet und eine offene Ausschreibung gefordert. Das Duale System verwertet die Einwegverpackungen mit dem „Grünen Punkt“ und verliert nach eigenen Angaben durch das neue Pfand auf Einwegverpackungen rund 290 Millionen Euro Umsatz. Beobachter begrüßten die Entscheidung, dass ein Unternehmen die Clearingstelle betreiben soll, das weder mit dem Handel, der Lebensmittel- oder der Entsorgungsbranche verbandelt sei. Die BFS Finance „sei genügend neutral“ hieß es.

Nach der Bewertung aller Angebote anhand eines „detaillierten Kriterienkatalogs“ und in einem mehrstufigen Auswahlverfahren habe die BFS Finance „am Ende mit knappem Vorsprung“ gewonnen, sagte Peter Traumann, Vorsitzender des BVE dem Tagesspiegel. Neben der BFS Finance hätten sich zehn weitere Unternehmen beworben, unter anderem auch eine Tochterfirma der Lufthansa. Die BFS habe jahrelange Erfahrung in der Abwicklung von Zahlungsverkehr im Internet und beim Onlinedienst AOL, sagte Traumann. Sie besitze daher die nötige Kompetenz. Nach eigenen Angaben gleicht die 1961 gegründete Firma heute pro Jahr 85 Millionen Zahlungen aus Onlinegeschäften aus. Jetzt muss die BFS Finance mit den am Pfandsystem beteiligten Unternehmen Vertragsverhandlungen aufnehmen.

Der Sprecher des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE), Hubertus Pellengahr, begrüßte, dass der günstigste Anbieter genommen worden sei: „Im Handel schauen alle darauf, die Kosten so gering wie möglich zu halten.“ Pellengahr sieht allerdings bereits eine neue Hürde auf dem Weg, das einheitliche Pfandsystem pünktlich einzuführen: Das Umweltministerium möchte das Pflichtpfand auf weitere Verpackungen – etwa auf Milchbehälter – ausdehnen.

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