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Berufe mit Zukunft: Stretching für den Job

Die Wellnessbranche wächst und mit ihr die Stellenangebote. Auch Quereinsteiger haben gute Chance – wenn sie auf die richtige Qualifikation setzen.

Im Stadtbad in Neukölln wusste man schon vor knapp 100 Jahren, was gesund ist und was gut tut: Seit 1914 hält das Bad für seine Besucher Wellnessangebote bereit – nur, dass man sie damals noch nicht so nannte. Heute arbeitet hier etwa Maik Sandberg. Er steht vor einer Massagebank in seinem Behandlungszimmer im Saunabereich des Bades. Ein Kräuterduft zieht herüber. Warmes, mattes Licht dringt durch den Raum. Sandberg ist gelernter Masseur und medizinischer Bademeister. Er hat sich selbstständig gemacht und empfängt seit 2004 hier seine Kunden. „Es werden stetig mehr, die zu mir kommen“, sagt er.

Saunen und Massagesalons, genauso wie Praxen für Yoga oder Studios für die chinesische Kampfkunst Tai-Chi und die chinesische Meditation Qigong sind Teil einer Boombranche, die immer weiter wächst. Mit der Wellnessindustrie ist ein großer Wirtschaftszweig entstanden – und ein krisenfester Arbeitgeber: Die Gesellschaft für Marktforschung schätzt den Umsatz der Branchen Gesundheit und Wellness in 2011 auf 100 Milliarden Euro. In den letzten Jahren lag der Zuwachs konstant bei sechs Prozent.

Kosmetiker und Masseure gesucht

Entsprechend wächst die Nachfrage nach ausgebildeten Fachkräften: Nach Angaben der Agentur für Arbeit nimmt die Zahl der Arbeitnehmer bei Physiotherapeuten, Masseuren und verwandten Berufen seit 2000 bundesweit um jährlich bis zu sechs Prozent zu. Die Berliner Agentur zählt für den Bereich Gesundheits- und Sozialwesen, zu dem die Wellnessbranche zählt, für das Jahr 2011 rund 3200 gemeldete offene Stellen (1,9 Prozent) mehr als noch im Vorjahr. Besonders gesucht waren Kosmetikerinnen (148), Masseure (41) und Fitnesstrainer (42).

Die Sparte „Wellness“ umfasst dabei ein weites Feld der verschiedensten Berufe. Dazu gehören Wellnesstrainer, Fitnesstrainer, Sportökonomen, Gymnastiklehrer sowie Ernährungsberater und Yogalehrer. Qualifiziertes Personal ist in Bädern, Fitnessstudios, in der Hotellerie und Gesundheitszentren gefragt: Etwa die Hälfte der Arbeitgeber in diesen Bereichen gab nach einer Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung (Bibb) von 2010 an, starke Probleme bei der Suche nach adäquatem Personal zu haben.

Johannes Krohn ist Studioleiter der Fitness Company in Friedrichshain. Seit 2009 arbeitet er in dem Unternehmen, das 25 Mitarbeiter und 1000 Mitglieder zählt. Fitnessstudios bieten heute neben Kraft- und Körpertraining oft auch Yoga, Pilates oder Sauna an. Dazu werde das entsprechende Fachpersonal benötigt.

Krohn selbst ist gelernter Fitnessökonom. Seinen Abschluss hat der 26-Jährige an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) gemacht (siehe Kasten), studiert hat er am DHfPG-Standort Leipzig. „Das Studium ist auf die methodische und die kaufmännische Arbeit im Fitnessstudio ausgerichtet“, erklärt er. Dazu gehörte auch die praktische Arbeit in einem Fitnessstudio.

Zu den Wachstumsmärkten der Branche zählt auch Yogaunterricht. Die Yoga- und Ayurveda-Schule Sonne und Mond-Gesundheitszentrum in Prenzlauer Berg etwa vermittelt spezifische Schulen und Techniken des Yoga. „Hatha Yoga“ etwa ist die körperbetonte Variante, „Sivananda Yoga“ die klassische ganzheitliche Lehre, erklärt der Betreiber des Zentrums, Alexander Peters. Sonne und Mond gibt es seit zehn Jahren. Der 39-jährige hat den Aufschwung der Branche miterlebt. „Heute empfehlen auch Ärzte Yoga“, sagt er. Früher war die ganzheitliche Philosophie weit weniger anerkannt.

Peters arbeitet seit 15 Jahren mit den Techniken des Yoga und Ayurveda und ist außerdem ausgebildeter Heilpraktiker. Inzwischen bilden Peters und seine 15 Mitarbeiter auch selbst Yogalehrer aus. Das Zentrum ist vom Berufsverband deutscher Yogalehrer zertifiziert.

Kurze Ausbildungen sind unseriös

Ausbildungen und Zertifizierungen sind ein heikles Thema in der Branche. Denn der Dschungel an Berufsbildern und Qualifizierungswegen ist schwer zu durchschauen. So stehen geschützte Berufsbezeichnungen, denen fest geregelte Ausbildungen zugrunde liegen, wie Masseur, Gymnastiklehrer, Fitnesskaufmann, Kosmetikerin oder Fitness- und Wellnesscoach nicht geschützten Titeln gegenüber.

Wellnesstrainer, Wellnesstherapeut, Wellnesstrainer, Ayurveda-Trainer etwa darf sich jeder nennen. Aus- und Weiterbildungen, die zu solchen Berufen qualifizieren, seien vorher gut zu prüfen, rät Peter Susat vom Deutschen Wellnessverband: „Die Probleme liegen vor allem im Umfang und der Tiefe der Angebote.“ Die Ausbildung zu einem Wellnessberuf benötige die gleiche Zeit, die man in andere Berufsausbildungen investieren müsse. Mit Kursen unter 500 bis 600 Unterrichtsstunden solle man deshalb gar nicht erst anfangen.

„Es geht bei der Ausübung eines Wellnessberufes ja nicht nur darum, einzelne Kompetenzen wie das Massieren zu erlernen“, sagt Susat. Die klassische Massage sei ganzheitlich ausgerichtet und baue unter anderem auf Kenntnissen in der Anatomie, Physiologie, Dermatologie, Pathologie, Ernährungslehre und auch Kommunikationskompetenz auf.

Zur Aus- und Weiterbildung gehöre immer auch ein Praktikum von sechs Monaten, wie das auch bei der Ausbildung zum Masseur und medizinischen Bademeister üblich ist. Solche umfangreichen Angebote gebe es bisher aber noch viel zu selten. Wenn Interessenten sich beim Verband nach der Seriosität spezieller Aus- und Weiterbildung erkundigen, raten die Experten oft ab. Einen Fernlehrgang zum Wellnessmasseur etwa könne man wahrlich nicht empfehlen.

Maik Sandbergs Arbeitstag im Neuköllner Schwimmbad neigt sich dem Ende zu. Der 47-jährige hat die übliche, staatlich anerkannter Ausbildung absolviert. Er sagt: „Zum Glück wissen es die Kunden zunehmend zu schätzen, wenn man auch wirklich qualifiziert ist für das, was man anbietet.“

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