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Wirtschaft: Beschäftigt mit Beschäftigung

Die Regierung verspricht 100000 neue Jobs für Langzeitarbeitslose – doch die ostdeutschen Kommunen wissen nicht, wie sie das schaffen sollen

Es sieht so aus, als hätten die ostdeutschen Länder und die Bundesregierung ihren Streit um die HartzIV-Reform beigelegt. Der Osten soll mehr Geld für die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen bekommen und durch öffentlich geförderte Beschäftigung sollen schon bis zum Oktober dieses Jahres 100000 neue Stellen entstehen. Doch in den ostdeutschen Kommunen und Arbeitsagenturen ist man derzeit noch ziemlich ratlos, wie dieses Jobwunder vollbracht werden kann. Ob Cottbus, Rostock, Bautzen oder Eberswalde – die Antwort auf die Frage, wie in der Region zusätzliche Beschäftigung geschaffen werden soll, ist immer die gleiche: „Darüber haben wir uns noch keine Gedanken gemacht.“

Offenbar sind die Kommunen momentan überhaupt nicht in der Lage, das von der Regierung versprochene Beschäftigungsprogramm umzusetzen. „Bis zum Jahresende werden die Kommunen erst einmal genug zu tun haben, die administrativen Aufgaben zu erledigen, damit die künftigen Arbeitslosengeld-II-Empfänger im Januar 2005 auch ihr Geld ausgezahlt bekommen“, sagt Uwe Zimmermann, Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebunds. Das sei jetzt das Pflichtprogramm. „Die Kür, auch noch zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten auf die Beine zu stellen, ist in dieser Zeit nicht zu schaffen“, so Zimmermann.

Auch der brandenburgische Arbeitsminister Günter Baaske (SPD) räumt ein, dass es „noch Lücken zwischen Anspruch und Wirklichkeit gibt“. Schließlich würden jetzt in kürzester Zeit zwei parallel entstandene Systeme zusammengepackt. Da seien die Arbeitsagenturen und Kommunen natürlich vor allem mit organisatorischen Fragen beschäftigt. Zusätzlich noch eine gut laufende Arbeitsvermittlung hinzukriegen, „das wird ein harter Brocken werden“, sagt Baaske.

Wirtschaftsminister Wolfgang Clement hatte zu Beginn der Woche angekündigt, dass die 6,35 Milliarden Euro Eingliederungshilfe für Langzeitarbeitslose verstärkt in die Regionen gehen soll, in denen die Arbeitslosigkeit bei über 15 Prozent liegt – und das heißt nach Ostdeutschland. Denn 32 der 33 Bezirke in denen über 15 Prozent der Bevölkerung ohne Arbeit sind, liegen in den neuen Bundesländern. Im Westen ist das nur in Gelsenkirchen der Fall.

Doch mit mehr Geld allein ist es offenbar nicht getan. „Beschäftigung ist bei uns noch gar kein Thema“, sagt Ulrich Kunze, Sprecher der Stadt Rostock. Derzeit sei man mit der Arbeitsagentur in Verhandlungen, um gemeinsam ein Jobcenter einzurichten, in dem die künftigen Arbeitslosengeld-II-Empfänger betreut werden sollen. „Allein die Organisation ist eine Wahnsinnsherausforderung“, sagt Kunze. Wobei der Name Jobcenter auch mehr verspreche als er halte, denn durch Hartz IV werde in Rostock sicherlich nicht eine zusätzliche Stelle auf dem ersten Arbeitsmarkt entstehen.

Das kritisiert auch Helmut Holter (PDS), Arbeitsminister in MecklenburgVorpommern. „Von existenzsichernder Arbeit redet doch überhaupt keiner mehr“, sagt er. Es gehe nur noch um geringfügige Beschäftigung, mit der sich Langzeitarbeitslose etwas zu den Transferleistungen hinzuverdienen könnten. Das als Vermittlungsanstrengung zu bezeichnen, sei sehr weit hergeholt. Und selbst, wenn durch öffentlich geförderte Beschäftigung 100000 solcher Stellen neu geschaffen würden, „ist das nur ein Tropfen auf dem heißen Stein“, so Holter. Allein in Mecklenburg-Vorpommern werde es ab 2005 etwa 150000 Arbeitlosengeld-II-Empfänger geben.

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