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Eine Frau betritt die Agentur für die Arbeit in Hannover.

© dpa

Beschäftigung: Berliner Arbeitslosenquote: Erstmals einstellig

Die Arbeitslosigkeit ist in Deutschland so niedrig wie selten zuvor – auch in Berlin. Trotzdem ist die Wirtschaft gefordert.

Berlins Arbeitslosenquote unter zehn Prozent – klingt wie eine Einladung zum grenzenlosen Jubel? Nicht nur Berlins Arbeitssenatorin Dilek Kolat (SPD) wollte am Dienstag Wasser in den Wein gießen: „Die Zahl der Jobs in Berlin nimmt zu, aber auch die Bevölkerung wächst“, erklärte sie. Ihr sei es deswegen wichtig, dass nicht nur Zugezogene von der Entwicklung profitieren, sondern auch gebürtige Berliner. Es gibt also noch viel zu tun – nicht nur für den Senat.

Berlins Jobs entstehen derzeit im Transportgewerbe, im Handel und Dienstleistungsunternehmen. Auch der Tourismus schafft neue Jobs. Für Höherqualifizierte bietet Berlins Start-Up-Szene sehr gute Einstiegsmöglichkeiten. Der wirtschaftliche Erfolg der Hauptstadt sei nicht mehr wegzudiskutieren, sagte der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Christian Wiesenhütter – und relativierte: Der Erfolg fordere Politik und Stadtgesellschaft auch heraus. In einer wachsenden Stadt bräuchten Fachkräfte Wohnungen und gute Bildungsangebote. „Gerade an diesen Baustellen zeigt sich jedoch noch das alte Berlin“, sagte er. Es sei jetzt die Aufgabe, Wachstum auch zu gestalten.

Historischer Tiefstand

Es ist das erste Mal seit der Wiedervereinigung 1990: Im Mai 2016 lag die Arbeitslosigkeit in Berlin bei 9,7 Prozent. Exakt 181166 Berlinerinnen und Berliner waren in diesem Monat arbeitslos gemeldet. In Brandenburg waren es genau 104921. Dort liegt die Quote noch niedriger – bei 8,0 Prozent.

Fast ein Drittel (32,5 Prozent) der Berliner Arbeitslosen sind Langzeitarbeitslose. Der Bundesschnitt liegt höher: bei 37,8 Prozent. 58900 Berliner waren im Mai seit mehr als ein Jahr lang ohne Job. Das sind 3983 weniger als im Vorjahr und 1864 weniger als im April 2016. Als ein wirkungsvolles Instrument nannte Kolat das Berliner Jobcoaching. Die 200 Berater hätten bisher mehr als 11000 Menschen individuell gefördert und auf ihrem Weg in den Arbeitsmarkt begleitet.

Noch ein weiter Weg

Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), dass es noch ein „weiter Weg“ sei, bis Berlin den Bundesdurchschnitt bei der Arbeitslosigkeit erreicht habe. Deutschlandweit ist die Zahl der Arbeitslosen im Mai um 80000 auf rund 2,7 Millionen gesunken. Auch das ist der niedrigste Mai-Wert seit 25 Jahren. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Quote um 0,3 Punkte und liegt aktuell bei sechs Prozent. Damit die Hauptstadt im Vergleich zu anderen Bundesländern weiter aufholt, müssten Wachstum und Beschäftigung laut Amsinck auf der Agenda der Berliner Politik ganz oben stehen.

Nach dem Winter stellen viele Firmen in witterungsabhängigen Branchen wieder verstärkt Mitarbeiter ein, doch auch saisonbereinigt ist die Zahl der Jobsuchenden in Deutschland gesunken und lag im Mai bei rund 2,69 Millionen. „Der Arbeitsmarkt entwickelt sich insgesamt weiter positiv“, sagte Frank-Jürgen Weise, Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA). Die Zahl der offenen Stellen stieg im Vergleich zum Vorjahr um 98000 auf 655000.

Arbeitslose Flüchtlinge

Gleichzeitig ist die Zahl der arbeitslosen Flüchtlinge laut BA-Statistik im Mai leicht gestiegen. Ende des Monats seien 145000 Schutzsuchende aus sogenannten Asyl-Zugangsländern bei deutschen Jobcentern als arbeitslos registriert gewesen, berichtete Weise. Das seien 9000 mehr als im April.

Sein Vorstandskollege Raimund Becker sagte, er gehe davon aus, dass die Flüchtlingsarbeitslosigkeit in den kommenden Monaten stärker als bisher steigen wird. In der zweiten Jahreshälfte dürften monatlich rund 15000 arbeitslose Flüchtlinge hinzu kommen. Wie viele Geflüchtete sich bei den Jobcentern genau melden werden, hänge davon ab, wie schnell das Bundesamt für Migration in den kommenden Monaten über die Asylanträge entscheide.

Im Euroraum verharrte die Arbeitslosenquote im April – wie schon im Monat zuvor – bei 10,2 Prozent. Es ist der niedrigste Stand seit August 2011, wie die EU-Statistikbehörde Eurostat am Dienstag mitteilte. In der gesamten Europäischen Union mit ihren 28 Mitgliedsstaaten lag der Anteil im April bei durchschnittlich 8,7 Prozent – ein Rückgang um 0,1 Punkte gegenüber dem Vormonat. Die höchste Quote meldete Griechenland mit 24,2 Prozent. mit dpa

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