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Beschäftigung: Höhenflug der Zeitarbeit geht zu Ende

Trendwende in der Firmenstrategie? Manpower-Chef Reitz: Unternehmen vergrößern eigene Belegschaften, statt Personal auszuleihen.

Berlin - Der Vormarsch der Zeitarbeit in Deutschland verliert an Tempo. Nach Ansicht von Manpower, dem bundesweit drittgrößten Zeitarbeitsunternehmen, wächst die Branche künftig nicht mehr so stark wie bisher. „Der Boom flacht ab“, sagte Thomas Reitz, Chef von Manpower Deutschland, dem Tagesspiegel. „Das Niveau der Vorjahre wird nicht mehr erreicht werden können.“

Der Anteil der Zeitarbeit war in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. Allein seit dem Jahr 2004 hatte er sich fast verdoppelt: Zählte die Bundesagentur für Arbeit im Juni 2004 noch knapp 400 000 Menschen, die in dieser Branche beschäftigt waren, waren es im Juni 2007 bereits rund 732 000. Experten führen das kräftige Wachstum insbesondere auf die Liberalisierung der Zeitarbeit im Jahr 2004 zurück. Zugleich gab der Aufschwung in Deutschland der Branche einen Schub.

Zeitarbeit ist für Firmen attraktiv, weil sie mit dem Einsatz von Leiharbeitern Auftragsspitzen abdecken können. An den Kündigungsschutz sind sie aber nicht gebunden und können sich von den Zeitarbeitern kurzfristig trennen. Deren Lohnniveau ist aber meist weitaus geringer als das regulär Beschäftigter.

Doch weil die Konjunktur inzwischen wieder nachlasse, könnten auch die hohen Zuwächse in der Zeitarbeit künftig nicht mehr erzielt werden, sagte Manpower-Chef Reitz. Eine Ursache sei aber auch, dass inzwischen viele Unternehmen wieder vermehrt eigenes Personal einstellten. „Das schwächt dann natürlich auch das Wachstum bei uns“, sagte er.

Gleichwohl werde die Zeitarbeit in Deutschland weiter an Einfluss gewinnen – wenn auch langsamer. Reitz führt dies auch auf einen enormen Nachholbedarf zurück. Denn während in anderen Ländern wie beispielsweise in Großbritannien und den Niederlanden Zeitarbeitnehmer einen Anteil von mindestens 2,5 bis fünf Prozent aller Erwerbstätigen ausmachen, sind einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zufolge hierzulande nur etwa zwei Prozent der abhängig Beschäftigten Zeitarbeitnehmer. „Da wird noch einiges passieren“, sagte Reitz. „In den kommenden drei Jahren werden wir die Millionengrenze überschreiten.“ Auch das DIW rechnet mit einer Zunahme.

Großen Schaden zufügen könnte der Branche Reitz zufolge allerdings die jüngst gestartete Kampagne der IG Metall unter dem Motto „Gleiche Arbeit – gleiches Geld“. Die Gewerkschafter setzen sich damit für die Gleichbehandlung von Zeitarbeitnehmern und Stammbelegschaften ein. „Was die IG Metall macht, geht unter die Gürtellinie“, schimpft Reitz. Die Gewerkschaften hätten Tarifverträge mit der Zeitarbeitsbranche abgeschlossen und müssten sich nun zu den ausgehandelten Löhnen bekennen. Reitz warf der IG Metall vor, durchschaubar zu sein. „Die Gewerkschaft will offensichtlich mit Gewalt neue Mitglieder gewinnen und macht das auf dem Rücken der Zeitarbeit.“

Den Vorwurf der Gewerkschaft, dass Zeitarbeitnehmer von den Unternehmen außerdem zunehmend als Ersatz für Stammbelegschaften eingesetzt würden, wies der Manpower-Chef zurück. „Das ist absolut die Ausnahme.“ Eine kürzlich veröffentlichte Betriebsrätebefragung des gewerkschaftseigenen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) hatte dagegen ergeben, dass in jedem vierten Betrieb Zeitarbeitnehmer Stammbelegschaften ersetzen. Reitz sagte, ihm lägen andere Zahlen vor. Details nannte er aber nicht.

Enttäuscht zeigte sich der Manpower-Chef von den aktuellen Entwicklungen beim Mindestlohn. Die Zeitarbeitsbranche hatte vor Monaten mit den Gewerkschaften eine Lohnuntergrenze ausgehandelt und dafür kürzlich beim Arbeitsminister einen Antrag auf Allgemeinverbindlichkeit gestellt. Diese legt fest, dass jedes Unternehmen – egal ob aus dem In- oder Ausland – seinen Mitarbeitern mindestens diesen Lohn zahlen muss. Die Union sperrt sich jedoch gegen die Einführung eines allgemeinverbindlichen Mindestlohns in der Branche. „Ich erwarte nicht, dass unser Antrag noch durchgesetzt werden kann“, sagte Reitz, „aber wir werden das Thema momentan auch nicht weiter forcieren“.

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