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Wirtschaft: Beschwerdestelle für Arbeitslose

Der neue Hartz-IV-Ombudsrat nimmt seine Arbeit auf

Berlin - Gern und häufig greift die Politik auf Kommissionen zurück. An diesem Mittwoch ist es wieder so weit, ein neues externes Gremium nimmt seine Arbeit auf: der Hartz-IV-Ombudsrat. Bezieher des neuen Arbeitslosengeldes II können hier ihrem Unmut Luft machen. Die Idee dazu hatte Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD). Experten befürchten jedoch, dass der Ombudsrat nur von den Hartz-IV-Gesetzen ablenken soll.

Neu ist das Phänomen nicht: Häufig lagert die Regierung Probleme in eine Kommission aus, die Verbesserungvorschläge zu Gesetzen erarbeiten soll. Die Liste solcher überparteilich besetzter Gremien ist lang. Seit 1998 hat die rot-grüne Bundesregierung 130 Komissionen, Bündnisse, runde Tische und Ähnliches berufen. Für die Einrichtung zusätzlicher Kommissionen gibt es keine Richtlinie – und damit auch kein Verbot. Die Arbeit der Räte lässt sich die Regierung einiges kosten. Rund 1,2 Millionen Euro hat zum Beispiel die Süssmuth-Kommission zur Zuwanderung gekostet. Das Gremium, das unter Leitung des VW-Personalvorstands Peter Hartz Reformvorschläge für den Arbeitsmarkt erarbeitet hat, schlug mit 630 000 Euro zu Buche.

Prominent ist auch die personelle Zusammensetzung des Hartz-IV-Ombudsrats. Einer Sprecherin des Wirtschaftsministeriums zufolge soll der Rat ein „möglichst breites gesellschaftliches Spektrum abbilden“: Neben der aus dem Osten stammenden Ex-Bundesministerin Christine Bergmann (SPD) und dem einstigen Vorsitzenden der Industriegewerkschaft Bergbau Chemie Energie, Hermann Rappe, ist auch der ehemalige sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) in den Rat berufen worden. So hat Clement auch die Opposition mit eingebunden. Da alle drei Ratsmitglieder ihre Partei- oder Gewerkschaftskarriere schon hinter sich haben, sollen sie sich unabhängig zu den Folgen der Hartz-Gesetze äußern können.

Offiziell soll der Rat die Einführung des Arbeitslosengeldes II und die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt begleiten. Der Verwaltungswissenschaftler Hans- Herbert von Arnim vermutet jedoch, der Hartz-Beschwerderat diene vor allem dazu, „Fehlentwicklungen abzufedern“. Er wertet dies als Zeichen dafür, dass die Gesetzesformulierung nicht gründlich überlegt worden sei. „Besser wäre es, klar zu sagen, wo die Mängel bei Hartz IV sind, und sie dann abzustellen“, sagt von Arnim.

Auch Biedenkopf räumte ein, dass es bei den Gesetzen zur Arbeitsmarktreform „Anlauffehler“ gegeben habe. Erst im Laufe der Zeit würde eine „Landkarte der Schwierigkeiten“ sichtbar, sagte er dem Tagesspiegel. Dennoch halte er „es für richtig, was da gemacht wird“. Seine Ratskollegin Bergmann betonte, es sei wichtig, dass der Reformprozess unabhängig begleitet werde: „Wir starten sehr offen und schauen, wo wir gefordert sind.“ Vorerst wollen sich die drei Ombudsleute einmal im Monat treffen. Für ihre auf ein Jahr angesetzte Tätigkeit verfügen sie über eine Million Euro.

Eine Kontroverse zeichnet sich schon ab: Dabei geht es um die unterschiedliche Höhe des Arbeitslosengeldes II in den alten und neuen Bundesländern. Biedenkopf steht zwar dazu: „Die Differenzierung ist richtig.“ Er begründet dies mit den im Osten niedrigeren Lebenshaltungskosten. Bergmann geht aber davon aus, dass dies die Bürger nicht von Beschwerden abhalten wird. Der Ost-West- Unterschied werde „mit Sicherheit ein Thema“.

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