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Betreuung: Billige Pflege

Eine Bremer Firma bietet Betreuungsleistungen für zwei Euro die Stunde an. Osteuropäische Beschäftigte machen es möglich.

1,4 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland werden derzeit durch Angehörige oder ambulante Pflegedienste zu Hause versorgt. Und es werden täglich mehr. Gleichzeitig kann mit der Altenpflege zunehmend Geld verdient werden. Davon will jetzt auch das Bremer Unternehmen McPflege mit einem neuen Betreuungskonzept profitieren: Die Firma vermittelt Altenpflege zu extrem niedrigen Preisen. Für zwei Euro pro Stunde sollen Pflegebedürftige rund um die Uhr zu Hause betreut werden. Möglich werden soll das durch Pfleger aus Osteuropa. Sie werden mit einer monatlichen Pauschale vergütet, die zwischen 1500 Euro und 1700 Euro liegen soll. Dazu kommt noch eine Vermittlungsgebühr von 570 Euro im Jahr. Bei deutschem Pflegepersonal können für diese Leistungen schnell einmal Kosten in Höhe von 5000 Euro im Monat anfallen – eine Summe, die sich nur Wenige leisten können. So sind in Deutschland schätzungsweise 100 000 illegale Pflegekräfte beschäftigt.

Das kostengünstige Konzept des Bremer Unternehmens stößt jedoch auf scharfe Kritik. „Die Menschen, die kommen, werden ausgebeutet: Sie sind 24 Stunden am Arbeitsplatz und haben kaum Schutzrechte“, sagte Gabriele Feld-Fritz, die bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi für Pflegeeinrichtungen zuständig ist, dem Tagesspiegel. Zumindest seien diese kaum kontrollierbar. Auch Franz Wagner, Geschäftsführer des Deutschen Bundesverbands für Pflegeberufe, äußerte sich kritisch: „Auf der einen Seite haben wir in Deutschland eine Debatte über Mindestlöhne und auf der anderen Seite reden wir über ein Pflegeangebot mit einem Stundenlohn von zwei Euro.“ Die Gefahr von Ausbeutung sei dabei groß. Auch gebe es keine Qualität zu Dumpingpreisen, sagte Wagner.

Bei solchen Preisen gebe es sicherlich einen Qualitätsunterschied zur Arbeit deutscher Pflegekräfte, meint Volker Jonas, stellvertretender Direktor der Caritas Bremen. Die Caritas bietet neben vielen anderen Trägern der freien Wohlfahrtspflege ambulante Pflegedienste an.

Harald Kesselheim, Leiter der Abteilung Pflege im AOK-Bundesverband, gab jedoch zu bedenken, dass man nicht automatisch von schlechterer Qualität ausgehen dürfe, nur weil die Pfleger keinen deutschen Pass hätten. „Grundsätzlich ist nichts gegen das Angebot von McPflege einzuwenden, solange die Pflegekräfte fachlich geeignet sind und das Ganze legal ist.“ Die fachliche Qualität werde mindestens einmal im Halbjahr im Rahmen eines Beratungsbesuchs durch den professionellen Pflegedienst überprüft.

McPflege-Geschäftsführer Norbert Meiners weist alle Kritik von sich. Seinen Angaben zufolge ist die Vermittlung osteuropäischen Pflegepersonals in der angebotenen Form legal. Auch die Verdi-Expertin Feld-Fritz stimmt in diesem Fall zu: „Das Ganze ist im großen Rahmen nicht illegal.“ Derzeit überprüfe die Gewerkschaft jedoch noch das Konzept.

Allerdings würden langfristig deutsche Pflegestrukturen zerstört und viele Anbieter vom Markt verschwinden. Dagegen betont Meiners, dass es sich nicht um einen Ersatz der deutschen Pflegedienste handele, sondern um eine Ergänzung. „Die Menschen wollen nicht ins Heim, und dem Pflegedienst gehen nicht die Patienten verloren.“ Das osteuropäische Pflegepersonal überbrücke die Zeit zwischen den Besuchen der ambulanten Pflege. „Wir verdrängen niemanden.“

Nach Filialen in Bremen und in Niedersachsen will McPflege in den nächsten Tagen eine dritte in Hamburg eröffnen. Innerhalb eines Jahres soll das Unternehmen dann auf 20 Niederlassungen anwachsen – und sich mittelfristig sogar auf ganz Deutschland und die Nachbarländer ausdehnen.

Caroline von La Rosée

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