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Wirtschaft: Betriebsrat gibt Waschmaschinenwerk nicht auf

Arbeitnehmer wollen weiterverhandeln, doch die Werksleitung sieht keine Chance mehr für die Produktion in Spandau

Berlin – Für die Rettung des Bosch-Siemens-Waschmaschinenwerks in Spandau gibt es nur noch geringe Chancen. „Eine Fortführung der Produktion ist sehr unwahrscheinlich, aber es geschehen immer Wunder“, sagte Günther Meier, Leiter der Fabrik, am Mittwoch in Berlin. Die Belegschaft unterstrich ihre Bereitschaft zu weiteren Gesprächen. „An uns sind die Verhandlungen nicht gescheitert“, sagte Betriebsratschef Güngör Demirci. Politik und Wirtschaft in Berlin forderten beide Parteien zu einer Einigung auf.

BSH hatte am Dienstag erklärt, die Verhandlungen über eine Fortführung des Werks seien beendet, es werde Anfang 2007 geschlossen. Betriebsrat und IG Metall hätten ein Konzept nicht mitgetragen, das die Streichung von 270 der 570 Arbeitsplätze in der Fertigung vorsah. Wie stark der Lohn hätte sinken müssen, wollte er nicht sagen – Demirci hatte zuvor von einer Kürzung von 23 Prozent gesprochen. Insgesamt wären 200 000 Geräte pro Jahr gefertigt worden – für dieses Jahr sind 370 000 vorgesehen.

BSH sei bereit gewesen, die Hälfte des Verlusts von 20 Millionen Euro zu tragen, die der Plan verursacht hätte, sagte Werksleiter Meier gestern. Zudem habe der Konzern an Stelle der alten, 2007 auslaufenden Produktlinie neuere Modelle aus Polen, Spanien und der Türkei nach Deutschland holen wollen. „Das wäre ein einmaliger Vorgang in der deutschen Wirtschaft gewesen.“ Die so „kostenoptimierte Fabrik“ hätte beste Chancen gehabt, den Zuschlag für die Herstellung völlig neuer Geräte zu bekommen.

Meier zufolge habe die IG Metall aber erklärt, ein solches Maß an Einschnitten der Belegschaft nicht zumuten zu können. Die Vorschläge der Arbeitnehmerseite – eine Ausweitung der Produktion auf mehr als 400 000 Geräte pro Jahr – wäre Meier zufolge „noch teurer gewesen, wir hätten so viel gar nicht verkaufen können“. Ab sofort werde daher nur noch über die Bedingungen für eine Schließung verhandelt. Er räumte ein, das Aus für die Verhandlungen sei „überraschend“ gekommen. „Wenn wir keine Ergebnisse sehen, müssen wir die Konsequenzen ziehen. Ich bedauere das sehr.“ Nur die 480 Beschäftigten in den Bereichen Forschung und Service sollen ihre Stelle behalten. Für die von der Schließung Betroffenen wolle BSH im Konzern und bei der Mutter Siemens nach Alternativen suchen.

Der Betriebsrat dagegen strebt eine Fortsetzung der Gespräche an. „Wir sind zu weiteren Verhandlungen bereit“, sagte der Vorsitzende Demirci. Das Management müsse allerdings auf die Vorschläge eingehen, die die Belegschaft gemacht habe. Auch Berlins IG-Metall-Chef Arno Hager sagte, er setze weiter auf eine Verhandlungslösung. Er kündigte an, mit BSH-Konzernchef Kurt-Ludwig Gutberlet ein Gespräch zu führen.

Grund für die Probleme im BSH-Werk ist der Preisverfall bei Waschmaschinen. Konkurrent Electrolux hatte im Frühjahr angekündigt, das AEG-Werk in Nürnberg schließen zu wollen. Auch bei Miele müssen wegen Umstrukturierungen bis Ende 2007 rund 800 Beschäftigte gehen. BSH hatte bereits in den vergangenen Jahren Probleme. 2005 stieg der Umsatz aber wieder auf 7,3 Milliarden Euro (plus sieben Prozent), der Gewinn vor Steuern betrug 500 Millionen Euro.

Politik und Wirtschaft forderten Bosch-Siemens und die Belegschaft dazu auf, die Arbeitsplätze zu retten. „Es gibt eine Chance, die Schließung abzuwenden“, sagte Wirtschafts-Staatssekretär Volkmar Strauch (SPD) dem Tagesspiegel. „Die Auffassungen beider Seiten liegen nicht so weit auseinander, dass eine Einigung nicht noch möglich wäre.“ Auch Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Berlin (IHK), verlangte eine Einigung. „Es muss auch künftig Industrie in Berlin geben. Deshalb sollte alles dafür getan werden, damit die Produktion bei BSH in Spandau aufrecht erhalten werden kann.“ Auch die Politik müsse helfen. Friedbert Pflüger, Spitzenkandidat der CDU für die Abgeordnetenhauswahl, sieht die Schuld für das BSH-Aus beim Regierenden Bürgermeister. „Traurigerweise geht der Abbau von industriellen Arbeitsplätzen in Berlin weiter – entgegen der Versprechung von Klaus Wowereit.“

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