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Wirtschaft: Betrüger kosten den Fiskus Milliarden

Rechnungshof sieht offenkundige Lücken im Gesetz – und mahnt die Bundesregierung

Berlin (fo/Tsp). Während Bundesfinanzminister Hans Eichel versucht, die ständig wachsenden Löcher in seinem Haushalt zu stopfen mahnt, der Bundesrechnungshof, schärfer gegen Betrügereien mit der Umsatzsteuer vorzugehen. Das könnte Einnahmen in zweistelligem Milliardenbereich einbringen. Es sei „dringend geboten, die offenkundigen Gesetzeslücken zu schließen“ und Kontrollen zu verstärken, heißt es in einem am Mittwoch vorgelegten Bericht. Präsident Dieter Engels wies auf den „erheblichen Schaden für die Haushalte von Bund und Ländern“ hin, der vermieden werden könne.

Allein im so genannten Karussellbetrug gehen nach Angaben einer Sprecherin des Rechnungshofes dem Fiskus 11,8 Milliarden Euro im Jahr verloren. Dabei werden Waren von betrügerischen Unternehmen durch eine Kette von Partnern und Scheinfirmen in anderen EULändern geschleust und an den Unternehmer wieder zurückgeliefert. Die jeweiligen „Verkäufer“ führen die von ihren Abnehmern erhaltene Umsatzsteuer jedoch nicht an das Finanzamt ab und verschwinden damit oft im Ausland. Engels schlägt der Regierung deshalb vor, die Steuerhaftung auf jene Unternehmen auszudehnen, die von betrügerischen Absichten ihrer Geschäftspartner wissen konnten.

Im bisher größten bekannt gewordenen Karussellfall, dem so genannten Chip-deal, verursachten 35 Einzeltäter 2001 einen Steuerschaden von 365 Millionen Euro, wovon lediglich 113 Millionen zurückgeholt werden konnten. Vier Täter wurden gefasst, 31 hatten sich ins Ausland abgesetzt.

Im Baugewerbe entstehe durch illegale Machenschaften sogar ein Steuerschaden von rund 25 Milliarden Euro im Jahr – vor allem durch so genannten Kettenbetrug. Dabei schalten Bauunternehmen eine Kette von Subunternehmen ein, um zu verschleiern, dass am Ende der Betrugskette weder Steuern noch Sozialabgaben gezahlt werden. Die 2002 deshalb eingeführte Bauabzugssteuer, die der Leistungsempfänger zahlen muss, habe daran nichts geändert, berichtet der Rechnungshof. Sie sei nahezu wirkungslos, weil die Finanzämter mehr als 95 Prozent der Leistungsempfänger von der Pflicht zum Steuerabzug freistellten. Freistellungsanträge sollten deshalb restriktiver gehandhabt und gezielter kontrolliert werden.

Bei Bankgeschäften mit insolvenzbedrohten Unternehmern entsteht nach Angaben der Behörde durch Umsatzsteuerausfälle ein jährlicher Schaden in dreistelliger Millionenhöhe. Zieht etwa eine Bank an sie abgetretene Kundenforderungen eines klammen Unternehmers zur Sicherung eines Kredites ein, muss sie nach geltendem Recht die in den Bruttobeträgen enthaltene Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt abführen.

Ohnehin sorgen laut Rechnungshof geplante Insolvenzen betrügerischer Firmen für hohe Schäden durch den Ausfall von Umsatzsteuern. Es sei durchaus Praxis, so heißt es in dem Bericht, dass Unternehmen als letzten Akt ihrer Tätigkeit beim Finanzamt ihre Vorsteuern einziehen, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt bereits wissen, dass sie die Rechnung an ihre Lieferanten nie bezahlen werden. Amts-Präsident Engels empfiehlt der Regierung daher, dass Insolvenzrecht zu ändern und den Finanzbehörden eine bevorzugte Befriedung ihrer Forderungen zuzubilligen.

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