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Wirtschaft: Bewag kündigt 70 000 Stromkunden den Tarif

Der Berliner Stromversorger Bewag wird weiteren rund 70 000 Kunden den bisherigen Stromtarif kündigen. Das bestätigte ein Bewag-Sprecher gestern auf Anfrage.

Der Berliner Stromversorger Bewag wird weiteren rund 70 000 Kunden den bisherigen Stromtarif kündigen. Das bestätigte ein Bewag-Sprecher gestern auf Anfrage. Die Bewag wird den Kunden ihres bisher günstigsten Tarifs für Privathaushalte, Multiconnect 24, die Verträge kündigen, sobald die Mindestlaufzeit der Verträge von zwölf Monaten abgelaufen ist. In wenigen Wochen läuft bei den ersten Verträgen die Mindestlaufzeit ab. Betroffen sind rund 70 000 Kunden.

Nach dem Desaster, das die Bewag bei der Vertragsänderung bei weiteren Tarifen im Dezember erlebt hat, wollen die Berliner die nun anstehende Änderung vorsichtiger angehen. Zur Zeit wird eine Kommunikationsstrategie erarbeitet.

Ende November hatte die Bewag rund 100 000 Kunden der Tarife Berlin Klassik plus, Ökopur und Multiconnect Preiserhöhungen um deutlich über zehn Prozent zum 1. Januar angekündigt. Außerdem hatte sie eine allgemeine Preiserhöhung angekündigt, und die Ökosteuer auf die Tarife aufgeschlagen. In dem entsprechenden Schreiben war allerdings weder klar geworden, wie stark die Preiserhöhung ausfällt, noch hatte das Unternehmen seine Kunden über die Widerspruchs-Möglichkeiten informiert. Zudem war die Preiserhöhung in Euro ausgewiesen worden - die entsprechenden Verträge wurden jedoch auf Mark-Basis geführt. "Eine Kommunikationskatastrophe, für die wir uns am liebsten bei jedem Kunden persönlich entschuldigen würden", stöhnen Bewag-Manager heute.

Bei der jetzt geplanten Kündigung geht es um den Tarif Multiconnect 24, den billigsten Bewag-Privatkundentarif. Neukunden bietet die Bewag den nun von der Kündigung betroffenen Tarif schon seit Oktober des vergangenen Jahres nicht mehr an. Von der kommenden Vertragskündigung sind 63 000 Privatkunden und 7000 Gewerbekunden betroffen, die den Tarif Bewag Profi 24 haben. Das Unternehmen habe "erhebliche Verluste" mit diesen Kontrakten gemacht, hieß es gestern. Die Bewag will diesen Kunden einen anderen Tarif anbieten.

Neunzig Prozent der Bewag-Privatkunden haben bis heute den normalen Bewag-Tarif, der Klassik heißt. Die anderen zehn Prozent sind zum größten Teil von den Änderungen betroffen. Wie wichtig eine vernünftige Kommunikationsstrategie für ein Unternehmen ist, zeigt die Statistik. 8000 der Empfänger des November-Briefs hatten der Vertragsänderung widersprochen. Sie werden der Bewag nun möglicherweise als Kunden verloren gehen.

Das Unternehmen bestreitet, dass die Pannen bei der Preiserhöhung etwas mit der Unruhe zu tun haben, die bei der Bewag seit der Übernahme der Bewag durch den schwedischen Energiekonzern Vattenfall vor wenigen Wochen herrscht. Diese Unruhe gebe es zwar, doch sei der Vertrieb nicht betroffen. Da zudem keine weiteren Spar- oder Stellenstreichprogramme anstünden, sei bisher nur die Managementebene mit der Übernahme beschäftigt.

In den nächsten Tagen wird damit gerechnet, dass die ersten Ergebnisse aus dem anstehenden Verschmelzungsprozess von vier deutschen Stromunternehmen - Bewag, Laubag, Veag und HEW - zu einem neuen Großkonzern bekannt werden. Seit dieser Woche tagen die Arbeitsgruppen, in denen das Management- und Aufgabentableau der neuen Gesellschaft ausgehandelt wird. Dabei wird entschieden, welche Aufgaben künftig von der Unternehmensholding wahr genommen werden, die über den vier Einzelgesellschaften etabliert werden soll.

Wie Sie wechseln können

Die Bürger haben auch nach drei Jahren Probleme, den liberalisierten Strommarkt für sich zu nutzen. Gebühren für die Vertragskündigung und undurchsichtige Bestimmungen schrecken viele ab. Deshalb hat das Bundeswirtschaftsministerium nun ein Bürgertelefon zur Beratung geschaltet. Unter der Telefonnummer 0180 / 1534794 können sich Verbraucher zum Ortstarif montags bis freitags von acht bis 20 Uhr beraten lassen.

"Der Wettbewerb um den privaten Stromkunden ist bisher schwächer als erwartet", sagt Frank Bonaldo, ein Sprecher des Ministeriums. In den vergangenen drei Jahren hätten schätzungsweise nur drei bis vier Prozent der Verbraucher einen neuen Anbieter gewählt. "Kunden, die wechseln wollten, hatten oft Schwierigkeiten." Die Hotline soll nun helfen und die wichtigsten Fragen beantworten. Wie kann man wechsel? Worauf muss der Verbraucher dabei achten? "Oder auch, ob Verträge 60 Seiten stark sein müssen", sagt Bonaldo.

Allerdings würden keine Tipps zu den verschiedenen Stromanbieter und ihren Tarifen gegeben. "Wir dürfen auch keine Rechtsberatung bieten", schränkt Bonaldo weiter ein. Doch kümmert sich die Hotline auch um Beschwerden. Die werden an die zuständige Task-Force im Ministerium oder auch an den Verband der Deutschen Elektrizitätswerke (VDEW) weitergeleitet, damit diesen abgeholfen werden kann.

uwe

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