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Air-Berlin-Maschine am Flughafen Tegel.

© dpa/Paul Zinken

Bieterfrist läuft heute ab: Tag der Wahrheit für Air Berlin

Mögliche Investoren bei Air Berlin müssen bis zum frühen Nachmittag verbindliche Angebote vorlegen. Ob Niki Lauda und Condor wirklich mitbieten, ist noch immer unklar.

Niki Lauda war mal wieder sehr schnell unterwegs. Offenbar zu schnell für den Geschmack seiner möglichen neuen Geschäftspartner. Der dreimalige Formel-1-Weltmeister, zweifache Airline-Gründer und Karstadt-Geldgeber aus Wien überraschte am Donnerstagmorgen in einem Bericht der Wiener Zeitung "Kurier" mit der Ankündigung, dass er gemeinsam mit der Ferienfluggesellschaft Condor des Thomas-Cook-Konzerns „rund 100 Millionen Euro“ für Teile der insolventen Air Berlin bieten werde. Am Freitag um 14 Uhr endet die Bieterfrist.

Offenbar geht es Lauda um Air Berlins bisher profitable Ferienflugtochter Niki, die er selbst einst an die Berliner verkauft hatte. „Jetzt müssen wir mal schauen, ob wir den Zuschlag bekommen“, sagte der 68-Jährige. Lauda und Condor – das wäre eine Bieterkombination, die Beobachter so noch nicht auf dem Zettel hatten. Der erfahrene Investor und Luftfahrtmanager mit dem mächtigen Touristikkonzern. Diese Nachricht beflügelte auch die Phantasie mancher Anleger. Die verlustreiche Aktie von Air Berlin schoss am Donnerstag bis kurz vor Börsenschluss um gut 41 Prozent auf 51 Cent hoch. Bei Börsenschluss in Frankfurt blieb ein Plus von knapp 29 Prozent (0,46 Euro). Dabei kamen im Laufe des Tages eher defensive Signale von der Condor-Mutter Thomas Cook. Eine gemeinsame Offerte sei „eher unwahrscheinlich“, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters einen Insider.

Niki Lauda hat ein gemeinsames Angebot mit Condor für Teile von Air Berlin angekündigt.
Niki Lauda hat ein gemeinsames Angebot mit Condor für Teile von Air Berlin angekündigt.

© AFP PHOTO / JOE KLAMAR

Bis zum Donnerstagabend konnte nur spekuliert werden, ob und welche Investoren tatsächlich ein juristisch verbindliches Angebot einreichen. Der Nürnberger Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl, der Anfang der Woche noch lautstark ein Gebot zwischen 50 und 500 Millionen Euro angekündigt hatte, relativierte seine Aussagen indem er andeutete, dass die zahlreichen Flugausfälle der vergangenen Tage Investoren verschreckt haben könnten. Wöhrl wird nicht den furchtlosen und schillernden Energiemanager Utz Claassen (einst EnBW-Chef) gemeint haben. Der verriet dem „Handelsblatt“ Details seines „Projekts Flamingo“ zur Air-Berlin-Sanierung. Er und einige Partner würden insgesamt 700 Millionen bieten – als Verhandlungsbasis. Außenseiterchancen hat auch die mittelständische Logistikfirma Zeitfracht, deren Zentrale nur einen Steinwurf von der Air Berlins liegt. Man wird sehen.

Was die Fraktion der etablierteren Interessenten angeht, gilt weiterhin als gesichert, dass Marktführer Lufthansa ein Gebot für 70 bis 90 der insgesamt 150 Maschinen der Flotte abgibt. Auch die IAG-Group (British Airways, Iberia) könnte mitbieten, hielt sich mit Äußerungen dazu aber bisher völlig bedeckt.

Hat Easyjet die Lust verloren?

In Verhandlungskreisen hört man, dass die britische Easyjet, die als Bieter galt, offenbar keinen großen Ehrgeiz mehr hat, was mit dem angekündigten Rückzug der Chefin Carol McCall zusammenhängen könnte. Dabei suchen die Briten seit Langem einen Weg, zu der – gemessen an beförderten Passagieren – größten Fluggesellschaft Europas aufzuschließen: Ryanair aus Irland.

Die Iren, die im vergangenen Jahr 117 Millionen Passagiere durch Europa geflogen haben (Lufthansa-Gruppe: knapp 110 Millionen), haben früh angekündigt, nicht für Air Berlin bieten zu wollen. Ryanair-Chef Michael O'Leary, der am Donnerstag am Flughafen Tegel war, um vor dem Volksentscheid Stimmung für die Pro-Tegel-Kampagne zu machen, behauptete, die Würfel hinter den Kulissen seien längst gefallen. Die Lufthansa werde den größten Teil von Air Berlin schlucken und die begehrten Slots – Start- und Landerechte an stark frequentierten Flughäfen – nutzen, um die Konkurrenz klein zu halten und die Preise zu diktieren. „Unser Ziel ist es, die Übernahme durch Lufthansa zu verhindern“, erklärte O'Leary.

Ryanair will klagen - und für Alitalia bieten

Wie berichtet, hat Ryanair bereits Beschwerden beim Bundeskartellamt und bei der EU-Wettbewerbskommission eingereicht. Nach ersten Gesprächen habe er den Eindruck, dass das Kartellamt hier eher eine europäische Zuständigkeit sieht, sagte O'Leary. Dort könne man erst tätig werden, wenn es eine offizielle Vereinbarung gibt. Diese wird nun am 25. September, also am Tag nach dem Volksentscheid, erwartet.

Ryanair-Chef Michael O'Leary am Donnerstag (14. September 2017) bei einer Pressekonferenz am Flughafen Berlin-Tegel.
Ryanair-Chef Michael O'Leary am Donnerstag (14. September 2017) bei einer Pressekonferenz am Flughafen Berlin-Tegel.

© REUTERS/Axel Schmidt

Bei einer Übernahme von Air Berlin bekomme der Lufthansa-Konzern in Deutschland einen Marktanteil von 60 Prozent, im innerdeutschen Verkehr sogar von 95 Prozent, rechnete der Ryanair-Chef vor. Zugleich wappnet er sich für den Fall, dass Lufthansa durch eine Übernahme vor Air Berlin (Nummer zehn auf dem EU-Markt), seine Billigflugairline überholt. Er habe ein Angebot für die ebenfalls insolvente Alitalia abgegeben, die – wie Air Berlin - ebenfalls bisher von der arabischen Etihad Airways kontrolliert worden war. Die wolle man weitgehend komplett übernehmen und die Marke erhalten, sagte O’Leary.

Lesen Sie hier ein Interview mit Niki Lauda, das nur wenige Tage vor dem Insolvenzantrag erschienen ist. "Air Berlin kann man nicht retten", sagte er dem Tagesspiegel.

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