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Im Mittelpunkt der Hauptversammlung standen Herbert Bodner (links) und Roland Koch. Der frühere hessische Ministerpräsident löst Bodner Anfang Juli ab.

© dpa

Bilfinger Berger: Koch statt Kapitän

Die Bilfinger-Berger-Aktionäre verabschieden Konzernchef Herbert Bodner. Roland Koch hält sich zurück. Von ihm erwarten die Aktionäre die Fortsetzung des Kurses.

Frankfurt am Main - Die Hauptversammlung gehörte noch voll und ganz Herbert Bodner. Angemessen wollte sich der langjährige Vorstandschef des Mannheimer Baukonzerns Bilfinger Berger von den Anteilseignern verabschieden. Roland Koch, sein prominenter Nachfolger, saß am Dienstag zwar als Vorstandsmitglied auf der Bühne. Aber eine Ansprache an die Aktionäre hatte Aufsichtsratschef Bernhard Walter nicht auf die Tagesordnung gesetzt. Redezeit bekam der frühere hessische Ministerpräsident nur am Rande des Aktionärstreffens, im kleinen Kreis. Dort erklärte er, dass er den Kurs des Konzerns, der stark auf Dienstleistungen rund um das Bauen setzt, fortführen will – auch durch weitere Übernahmen.

Am 1. Juli übernimmt Koch das Ruder von Bodner, seit März sitzt er im Vorstand. In den vergangenen Monaten tourte er durch die Welt und schaute sich die Baustellen und Niederlassungen des Konzerns an, der nach der Übernahme von Hochtief durch ACS nun der einzige unabhängige deutsche Baukonzern ist.

Die Tour durch das Unternehmen ist wichtig, denn die überraschende Personalie hatte auch in der Belegschaft Skepsis ausgelöst. Die hat Koch schon jetzt weitgehend beseitigt. „Er ist ein Menschenfänger im positiven Sinne. Er hat es als Politiker gelernt, auf Menschen zuzugehen, sie abzuholen“, berichten Bilfinger-Mitarbeiter von den Treffen mit ihrem neuen Chef.

Doch die Kritik an seiner Berufung ist bei dieser Hauptversammlung unüberhörbar, auch wenn sie mit einem scherzhaften Unterton vorgetragen wird wie vom Aufsichtsratsvorsitzenden Walter: „So einen Kapitän hat man anscheinend nicht mehr gefunden. Da hat man einen Berufsfremden angeheuert: einen Koch.“ Auch Hans Martin Buhlmann von der Vereinigung Institutioneller Privatanleger bemüht das Wortspiel mit dem Namen: „Bislang hat Bodner gekocht, jetzt muss Koch selbst kochen.“ Was auf den Tisch kommen soll, ist für alle klar. Bodner hat in seinen zwölf Jahren an der Spitze den Konzern kontinuierlich zu einem Dienstleister umgebaut und das Ergebnis verzehnfacht. Zuletzt lag der Umsatz bei 8,1 Milliarden Euro, der Gewinn bei 284 Millionen Euro. Der Wert der Aktie hat sich seit 1999 von 30 Euro auf knapp 70 Euro mehr als verdoppelt.

„Herr Bodner verabschiedet sich mit 50 Cent mehr Dividende für uns, wie wollen Sie uns denn begrüßen, Herr Koch?“, fragt Buhlmann. In eine ähnliche Richtung zielt auch Markus Kienle von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger: „Ich hoffe, sie sind bereits in ihre Aufgabe hineingewachsen, Herr Koch. Wir möchten keinen Rückschritt erleiden.“

Den 63 Jahre alten Bodner bedenken die Aktionäre mit einem „großen Sack mit Dank“. Immer wieder wird die Forderung laut, dass er doch in zwei Jahren, nach der vorgeschriebenen Schamfrist, als Aufsichtsratschef zurückkehren soll. Bodner lässt mit keiner Regung erkennen, was er davon hält. Allerdings gibt es Anzeichen, dass er es mit dem Ruhestand ernst meint – so hat er seinen Posten als Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie aufgegeben.

Koch folgt der Versammlung weitgehend ungerührt. Die Forderung mehrerer Aktionäre, doch endlich seine Vision darzulegen, nimmt er mit einem Lächeln entgegen – und schweigt. Aufsichtsratschef Walter nimmt ihn in Schutz und wirbt um Verständnis: „Regierungserklärungen gibt man ja auch erst dann ab, wenn man an der Regierung ist.“ HB/dpa

Jens Koenen

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