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Wirtschaft: Bill Gates sucht nach neuen Märkten

PALO ALTO .Trotz seiner Programmiererfolge in den 70er Jahren ist William Henry ("Bill") Gates III eher als ein Mann mit gutem Gespür für die Bedürfnisse des Marktes denn als Techniker berühmt geworden.

PALO ALTO .Trotz seiner Programmiererfolge in den 70er Jahren ist William Henry ("Bill") Gates III eher als ein Mann mit gutem Gespür für die Bedürfnisse des Marktes denn als Techniker berühmt geworden."Einen PC für jeden Haushalt" lautete schon früh das Credo des Softwarehauses aus dem Vorort von Seattle.Diese Losung ist erweitert worden: "Windows überall".Da der Personalcomputer nicht so schnell die privaten Haushalte erobert hat, wie sich dies Microsoft wünscht, muß das Betriebssystem Windows eben auf andere Weise in die Wohnzimmer gelangen.Die guten Stuben in den USA - und in den anderen Ländern dieser Erde - sollen über das Fernsehen erobert werden.In den USA, dem Land mit der höchsten PC-Rate in den Haushalten, ist es trotz revolutionärer Verkaufszahlen nur mit Mühe gelungen, etwa die Hälfte aller Haushalte mit Personalcomputern auszustatten.Das TV-Gerät dagegen flimmert in 98 Prozent aller Haushalte.

Diese Zahlen fest vor Augen hat Bill Gates bereits vor sechs Jahren die Weichen auf eine Erweiterung des Windows-Monopols in Richtung interaktives Fernsehen gestellt.1993 hatte Gates ein Joint Venture zwischen Microsoft, Time-Warner, AT & T und dem damals noch eigenständigen Kabelanbieter TCI unter dem Namen "Cablesoft" vorgeschlagen.Seitdem wird Microsoft nicht müde, immer neue Allianzen mit der Unterhaltungsindustrie zu schmieden, um sich eine, wenn nicht die führende Position für die Zeit zu sichern, in der der PC nicht mehr die dominierende Rolle spielen wird.

Microsofts Strategie ist eine logische und konsequente Fortsetzung der bisherigen Politik.Die neuen digitalen Kommunikationsnetze brauchen ein Betriebssystem.Dies gilt sowohl für die Endgeräte beim Verbraucher, den digitalen Settop-Boxen für Interaktives Fernsehen, als auch für die Netzverbindungen (Switches, Hubs und Router) und die Servercomputer, die solche Netze steuern und das Angebot in ihren Speichern bereithalten sollen.

Die breitbandigen Netzstrukturen lassen sich mit den lokalen Computernetzen vergleichen, die in Unternehmen seit gut zwanzig Jahren installiert sind.Dies gilt sowohl für das Kabelfernsehen als auch für die Satellitenübertragung und DSL (Digital Subscriber Line) genannte schnelle Übertragungstechnik über herkömmliche Telefonkabel aus Kupfer.Ein lukrativer Markt entsteht.Daher bemühen sich neben Microsoft auch Unternehmen wie Sun Microsystems (mit Java und Jini), Sony (ApertOS) und PowerTV aus Sunnyvale, ihre Betriebssysteme für die Settop-Boxen, Server und Netzverteiler den jeweiligen Diensteanbietern anzudienen.In jüngster Zeit ist auch noch ein vom ehemaligen Cheftechniker von Apple, Jean-Luc Gassee, gegründete Startup-Unternehmen zu diesem Kreis gestoßen.Ferner kommen noch mehrere kleinere Firmen mit Echtzeitbetriebssystemen sowie nicht zuletzt die Netzgerätefirmen Cisco oder Lucent als Partner in Frage.In diesem Umfeld versucht Microsoft nun wieder einmal seine dominierende Stellung in der PC-Industrie auszunutzen, um sich auch die Führungsrolle für die Nach-PC-Zeit zu sichern.Dazu bedienen sich Bill Gates und seine rechte Hand, Steve Ballmer, der jahrelang aufgehäuften massiven finanziellen Mittel, um sich die Kunden für das Verbraucherbetriebssystem WindowsCE (Consumer Electronics) zu kaufen, wenn diese schon nicht freiwillig auf das Microsoft-Produkt setzen.20 Mrd.Dollar in bar sowie riesige Aktienpakete des am Börsenwert gemessen teuersten Unternehmens der Welt (388 Mrd.Dollar) stehen zur Verfügung.Fünf Mrd.Dollar wurden dafür ausgegeben, um drei Prozent der AT & T-Aktien zu erwerben.Im Gegenzug kann Microsoft dafür nun Windows CE für 2,5 Mill.TV-Boxen liefern, für weitere 2,5 Mill.besteht eine Option.Das ergibt einen Zuschuß von praktisch 2000 Dollar pro Box.Sich auf diese Weise Marktanteile aufzubauen, kann sich wohl nur Microsoft leisten.

Dabei steht nach Ansicht von Experten keineswegs fest, daß das interaktive Fernsehen über Settop-Boxen ein großer finanzieller Erfolg für die Unternehmen wird.Ein erster Versuch war vor fünf Jahren kläglich gescheitert.Das Internet hat inzwischen aber die Welt verändert: Nun wird auf Basis der Verbindung des World Wide Web mit dem digitalen Fernsehen eine neue Runde eingeläutet, die interaktive Dienste ins Wohnzimmer der Kundschaft und neuen Umsatz in die Kassen der TV-Industrie bringen soll.

RUDI KULZER (HB)

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