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Wirtschaft: Billig aus der Krise

Charterflieger versuchen, ohne Pauschalreisen zu überleben – mit kleiner Flotte und Niedrigpreisen

Berlin (fw). Die Aero Lloyd steht mit ihren Problemen nicht alleine da. „Die Charterflieger leiden insgesamt besonders stark unter der Reiseflaute, die nach dem 11. September angefangen hat“, sagte Jürgen Ringbeck, Luftfahrtexperte der Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton, dem Tagesspiegel am Donnerstag. Die Terroranschläge, der IrakKrieg und vor allem die schwache Konjunktur hätten die Nachfrage nach Pauschalreisen rapide zurückgehen lassen. „Während sich die anderen mit Billigangeboten und Kapazitätsreduzierung angepasst haben, hat Aero Lloyd dies offensichtlich versäumt“, sagte Ringbeck.

Prominentestes Beispiel für die Krise der Charterflieger ist der viertgrößte Ferienflieger Deutschlands: LTU. Sie gehört mit Air Berlin zu den größten unabhängigen Charterfliegern. LTU stand 2001 vor der Insolvenz, weil die Mutter Swissair in Turbulenzen geraten war. Damals schritt Wolfgang Clement als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalenten ein. Die Rewe-Gruppe übernahm daraufhin 40 Prozent an dem Ferienflieger, 49,9 Prozent der Anteile liegen treuhänderisch bei einer Düsseldorfer Beteiligungsgesellschaft, die einen Käufer sucht.

Damals wurde für die LTU ein Sanierungsplan erstellt – dieser hat zu einem radikalen Kapazitätsabbau geführt. Ab diesem Winter werde die LTU mit zehn Flugzeugen weniger fliegen, sagte ein Sprecher am Donnerstag. Zudem sei die Gesellschaft bei den Preisen viel „flexibler geworden“ und könne in der Mittelstrecke mit den durchschnittlichen Preisen der Billigflieger konkurrieren. Das Unternehmen hält eisern daran fest, im kommenden Jahr schwarze Zahlen zu schreiben – Experten bezweifeln dies jedoch.

Auch bei den großen, konzernabhängigen Flotten wurden die Kapazitäten abgebaut – oder umgeschichtet. Bei Thomas Cook Flug zum Beispiel – die ehemalige Condor – wurden seit Ende 2002 acht Flugzeuge aus dem deutschen Programm genommen, in diesem Winter sollen noch weitere fünf Maschinen dazu kommen. „Es gibt in der Mittelstrecke einfach große Überkapazitäten“, sagt ein Thomas-Cook-Sprecher. Am Donnerstag kündigte die Gesellschaft an, die beiden Flugbetriebe in Berlin-Schönefeld und Kelsterbach sollten zur Verbesserung der Ertragslage zusammengelegt werden.

Auch beim Tui-eigenen Ferienflieger Hapag Lloyd gibt es Veränderungen. Tui-Chef Michael Frenzel kündigte im September an, dass sich die Kostenstruktur des konzerneigenen Charterfliegers an die des Billigfliegers Hapag Lloyd Express anpassen müsse. Einige Maschinen von Hapag Lloyd sind ohnehin schon zum billigeren Partner abgewandert. Auch die kleineren unabhängigen Chartergesellschaften haben sich in der Krise entschlossen, den Weg des Billigfliegers Ryanair einzuschlagen.

Air Berlin zum Beispiel hat seinen Fokus mehr und mehr auf den Verkauf vom Einzelplatzgeschäft konzentriert. Im Chartergeschäft sei die wirtschaftliche Situation in diesem Jahr katastrophal durchgeschlagen, heißt es bei Air Berlin. Im Sommer lag der Umsatz in diesem Geschäftsbereich zehn Prozent unter Plan. Also hat das Berliner Unternehmen immer mehr Strecken ohne mitverkaufte Pauschalreise ins Programm genommen – je früher man bucht, umso niedriger sind die Preise. Inzwischen macht dieses Segment die Hälfte des Umsatzes aus.

Auch das Flugunternehmen Germania, das bis vor ein paar Jahren fast ausschließlich Charter für Reiseveranstalter flog, ist diesen Weg gegangen. Zunächst hat die Fluglinie zwischen Berlin und Frankfurt der Lufthansa Konkurrenz gemacht. Inzwischen fliegt die Germania einerseits Strecken für Hapag-Lloyd-Express, hat aber vor ein paar Monaten auch den eigenen Billigflieger Gexx gegründet, der vor allem Städteziele im europäischen Ausland anfliegt.

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