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Billige Flüge: Extras für Abgeordnete

Air Berlin und Lufthansa befördern Politiker besonders komfortabel. Einigen ist das nicht geheuer

Berlin - Der Grüne Volker Beck nervte die Bundestagsverwaltung gleich mehrfach. Der Parlamentarische Geschäftsführer seiner Fraktion wollte genau wissen, wie es denn sei, inwieweit man dieses Geschenk regelkonform annehmen und benutzen dürfe. Der damalige Air-Berlin-Chef Joachim Hunold hatte erst im Sommer 2008 und im Januar 2010 jedem Bundestagsabgeordneten unaufgefordert einen Brief mit einer Plastikkarte geschickt. „Die Mitarbeiter von Air Berlin und natürlich auch ich persönlich würden uns sehr freuen, wenn Sie unsere beiliegende Topbonus Card Gold zur Unterstützung Ihrer Tätigkeit nutzen könnten“, zitierte die „Frankfurter Rundschau“ aus dem Brief. Hunold machte keinen Hehl aus seinen Absichten: „Für uns ist die Unterstützung durch die Politik in Deutschland von größter Bedeutung.“ Das Büro des Bundestagspräsidenten Norbert Lammert antwortete dem Grünen Beck mit einem fünfseitigen Schreiben, das war gespickt mit Verweisen auf Paragraphen des Abgeordnetenrechts. Zu dem konkreten Angebot von Air Berlin hieß es, der Erwerb von Prämienmeilen komme bei Mandatsreisen im Inland und Dienstreisen in wirtschaftlicher Hinsicht nicht dem einzelnen Abgeordneten, sondern dem Deutschen Bundestag zu Gute. Sollte heißen: Alles gut und legal, solange die Meilen mit Dienstreisen verrechnet werden. Air Berlin steht derzeit in der Kritik, da vor gut einer Woche bekannt wurde, dass die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft mehr als 100 Prominente und ihre Familien kostenlos als „Markenbotschafter“ beförderte. Das interessierte vor allem Aktionärsschützer, die empört fragten, warum eine angeschlagene Gesellschaft Tickets verschenkt. Dass nun bekannt wird, dass Air Berlin auch hohen Mandatsträgern besondere Annehmlichkeiten bietet, die mit dem Besitz der Gold Card verbunden sind, dürfte eine breitere Öffentlichkeit interessieren. Sollten hier Entscheidungsträger bestochen werden? Jedenfalls forderte die Antikorruptionsorganisation Transparency International Aufklärung. Konkret bemängelte sie den Umstand, dass Abgeordnete eine Karte geschenkt bekommen, die sich ein einfacherer Air-Berlin-Passagier hart erfliegen muss. 40000 Statusmeilen muss man sammeln, um die Karte zu erhalten, die einem etwa mehr Beinfreiheit, früheres Boarding und mehr Gepäckmitnahme erlaubt. Die Bundestagsverwaltung verwies gestern auf das Bundesverwaltungsamt, das für das Parlament Verträge mit Fluglinien, Mietwagenanbietern und Hotelketten aushandelt – angeblich im Sinne des Steuerzahlers. Angesichts der Sonderbehandlung von Promis bei Air Berlin hat die Vergabe der Gold Card ein möglicherweise besonderes Geschmäckle, allerdings bietet der große Konkurrent Lufthansa allen neuen Parlamentariern schon deutlich länger die „Senator-Card“ in einem „Welcome-Kit“ an. Diese ist mit ähnlichen Annehmlichkeiten verbunden. Normalsterbliche Kunden hierzulande müssen dafür sogar 130000 Statusmeilen erfliegen. Insofern ist das Geschenk noch wertvoller. „Wir wollen damit den Abgeordneten das Reisen erleichtern“, sagte ein Lufthansa-Sprecher dem Tagesspiegel gestern. Air Berlin wollte auf Nachfrage nicht mitteilen, ob die Gesellschaft auch anderen Parlamentariern, etwa von Landtagen oder an den Drehkreuzen in Wien oder auf Mallorcaähnliche Angebote macht. Lernen könnte Air Berlin vielleicht von der Messe Berlin. Auch die hatte allen Abgeordneten lange eine so genannte „Ehrenkarte“ ausgestellt, mit der diese alle Veranstaltungen kostenlos besuchen konnten. Das sorgte aber irgendwann für Probleme beim Erstellen der Steuererklärungen. Seit zwei Jahren wird die Karte nicht mehr ausgestellt.Irgendwann fand jemand raus, dass die Abgeordneten diese so geschenkten Karten bei der Steuererklärung hätten angeben müssen.

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